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Fall Previdi: Was darf ein Schüler sagen?

Fall Previdi: Was darf ein Schüler sagen? Youtube Studio Previdi
Nachdem das Schulamt eine Schüler-Rede zum Tag der Republik abgeändert hat, nimmt die Kritik nicht ab. Nun spricht die Landesschuldirektorin.

Die nun folgende Geschichte nahm ihren Anfang vor wenigen Tagen am Fest der Republik vergangenen Freitag. Ein Schüler, Nathan Previdi, 16 Jahre alt, schreibt eine Rede anlässlich des Staatsfeiertages. Doch die Rede ist den Verantwortlichen zu scharf, "zu politisch". Previdi schreibt von den Gefahren für die Demokratie durch Klimawandel, zunehmenden Neofaschismus und durch das immer stärkere Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich. Die Rede wird laut Previdi vom Schulamt entschärft. 

Nun soll Nathan Previdi diesen neuen Text lesen bei den Feierlichkeiten. Doch er weigert sich. Ein anderer Schüler liest die völlig veränderte Rede, als wäre es die eigene. Seine Direktorin am Bozner Gymnasium "Walther von der Vogelweide", Martina Adami, hat nun eine Anfrage an das Regierungskommissariat gestellt. Sie will erfahren, warum die Rede ihres Schülers Nathan Previdi zu den Feierlichkeiten am 2. Juni abgelehnt wurde.

Warum wurde nicht mit dem Schüler am Text gearbeitet? 

Der 16-Jährige war als diesjähriger Sieger des landesweiten Quiz zur politischen Bildung eingeladen worden, über die Gefahren für die Demokratie zu sprechen. Seine Rede sei dann aber als "zu politisch" eingestuft und von einem Mitarbeiter der Pädagogischen Abteilung des Landes bis zur Unkenntlichkeit verändert worden. Es gehe darum zu verstehen, warum das Schulamt nicht gemeinsam mit dem Schüler weiter am Text gearbeitet hat, erklärte Adami.

„So kannst du es sagen, so vielleicht nicht, und gemeinsam dann diesen Text weiterentwickeln.“

Martina Adami, Direktorin des Gymnasiums "Walther von der Vogelweide

Anstelle dessen habe man einen Text verfasst, der mit dem Schülertext kaum oder gar nichts mehr zu tun hat, sagte Adami. Anschließend habe man dann verlangen, dass der Schüler den abgeänderten Text vorstelle.

Rede auf Youtube veröffentlicht 

Nathan Previdi hatte dies bei den Bozner Feierlichkeiten zum Tag der Republik am 2. Juni abgelehnt. Ein anderer Schüler las an seiner Stelle den neuen Text. Seine ursprüngliche Rede hat Previdi auf seinem Youtube-Kanal vorgestellt. Eine gesteigerte Aufmerksamkeit ist Previdi jedenfalls sicher. Das Video wurde bereits mehr als 5.000 Mal angesehen. Reaktionen kommen aus den verschiedensten nicht nur politischen Lagern und gehen hin bis zu einer parlamentarischen Anfrage. Auf Anfrage von Rai Südtirol hat nun auch Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner reagiert.

Landeschuldirektorin Sigrun Falkensteiner betonte, dass es sehr wohl Gespräche mit dem Schüler gegeben habe. Dabei habe er auch erklärt, dass er über das Ziel der Veranstaltung hinaus eine Botschaft senden wollte. Laut Falkensteiner wollte das Regierungskommissariat am 2. Juni Jugendliche in einem positiven, engagierten Rahmen zeigen.

„Für Jugendliche ist es auch wichtig zu lernen, welcher Ton und welche Botschaften in welchem Rahmen angebracht sind.“

Sigrun Falkensteiner, Landesschuldirektorin

Der Regierungskommissar habe alle beteiligten Jugendlichen zu einem Besuch im Regierungskommissariat eingeladen. Das sei eine Gelegenheit für einen vertiefenden Gedankenaustausch, sagte Falkensteiner.