Klima und Wetter

In Südtirol ein Wetter wie in Pakistan

Meteorologen zeichnen in Brixen ein düsteres Bild der Zukunft - auch für das Klima in Südtirol: Südtirols Enkelkinder werden in den Haupttälern über 40 Grad haben, lauten die Prognosen. Die Wassermanager bereiten sich indes vor.

In Südtirol ein Wetter wie in Pakistan
Rai Tagesschau

Das Klima erwärmt sich in den Alpen doppelt so schnell als im weltweiten Durchschnitt. Und wenn die Weltgemeinschaft nicht gegen den Schadstoff-Ausstoß vorgeht, dann wird sich das Erdklima bis 2100 im Durschnitt um 5 Grad erwärmen.

"Dann werden wir kein Eis mehr beobachten dürfen", sagt Roberto Dinale, der stellvertretende Direktor im Hydrographgischen Amt: die Gletscher in Südtirol werden abgeschmolzen sein, abgesehen von eine einigen kleinen Flecken, in Schattenlagen, unter Schutt verdeckt. Die abgeschmolzenen Gletscher - nur ein Symptom. 

Noch nie in den verganenen 800 Millionen Jahren war mehr Co 2 in der Atmosphäre  als heute. 411 ppm: Von  einer Million Teilchen sind 441 Teile Kohlendioxid. Beim Wasserkongress in Brixen zeichnen Meteorologen ein düsteres Bild der Zukunft.

"Mit Sicherheit haben die extremen Wetterereignisse zugenommen", sagt der Star-Meteorologe Luca Mercalli.

Die Wetterlage derzeit - eine Anomalie 

Auch die derzeitige Wetterlage - eine Anomalie. 

Es ist Mai. In Brixen ist es kalt, etwa zehn Grad unter den Messungen bisher  - und ganz Mitteleuropa ist kalt. Aber nicht in der Arktis und nicht im Osten Europas. Dort ist es heiß. Im Norden von St. Petersburg hat es derzeit 31 Grad, das sind etwa 20 Grad über dem Durchschnitt. Noch nie wurden dort so hohe Temperaturen gemessen.

Und diese Hitze des Nordens und Ostens könnte sich im Sommer nach Europa verschieben. Mercalli prognostiziert: Der Sommer - er wird heiß, und er wird trocken.

Der Sommer wird heiß  

"Die Hitzewellen. Die sind etwas Neues in unserem Klima. Wenn wir 42 Grad in der Poebene haben und wenn wir auf 3000 Metern Meereshöhe über 30 Grad messen - dann sind das für uns extreme Wetterereignisse", sagt Mercalli. 

Und sie werden Normalität. Falls die Weltgemeinschaft nicht einlenkt, werden bereits die Südtiroler Enkelkinder im Jahr 2100 ein Klima haben wie in Pakistan.
Dann wird es in den tiefen Tallagen wie dem Etschtal und Eisacktal unerträglich heiß.

"Deshalb hat Greta Thunberg die Initiative ergriffen und die Jugend weltweit bewegt - die Jugend muss die Schäden erleiden", sagt Mercalli, der bei den Protesten der schwedischen Klimaaktivistin mit dabei war.

Die geschmolzenen Gletscher wie die Dreiherrenspitze im Ahrntal oder der Weißbrunngletscher im Ultental, werden dann nur noch ein nebensächliches  Problem sein.

Für Trinkwasserversorgung, für Bewässerung und Stromproduktion müssen Vorkehrungen getroffen werden, hießt es beim Wasserkongress in Brixen, der bis zum 15. Mai im Brixner Forum stattfindet.  

Strom aus Trinkwasserleitungen 

"Obwohl wir im alpinen Raum sind und bei uns das Wasser nicht knapp ist, müssen wir uns Gedanken machen für die Zukunft", sagt Franz Berretta, der technische Leiter des Bereiches Wasser in den Brixner Stadtwerken. "Auch für die Energieproduktion wird das Wasser knapp werden, deswegen muss man schauen, Energie nicht nur aus der Wasserkraft von Flüssen und Bächen erhalten, sondern eventuell auch Trinkwasserleitungen und Beregnungsleitungen zu nutzen, wo das Wasser auch vorhanden ist."

Schon heute sanierten die Stadtwerke die Trinkwasserleitungen regelmäßig. Wichtig für die Energieproduktion wird außerdem sein, die einst abgeschmolzenen Wasserspeicher namens Gletscher mit mehr künstlichen Wasserspeichern auszugleichen - für Trinkwasser, Bewässerung und Strom.    

Hans Kammerlander leidet mit dem Wasser 

Hans Kammerlander hingegen macht die Umweltverschmutzung zu schaffen. "Ich bin viel in fremden Ländern unterwegs, in Nepal, China, aber auch in Südamerika", sagt der Bergsteiger, der vor wenigen Tagen aus Nepal zurückgekehrt ist und Gast ist beim Wasserkongress. "Wenn ich früher in den Ländern war, war da kein Müll, und jetzt wird alles verpackt, und die Leute haben keine Beziehung zum Müll, was sie nicht brauchen, werfen sie weg. Und die Opfer sind die Flüsse. Also die sind so brutal verschmutzt - da muss ich oft wegschauen, das tut mir weh im Herzen. Das muss nicht sein. Da kann man etwas dagegen tun."   

Auch gegen die 441 ppm, meint Meteorologe Mercalli. Noch aber bremst die Weltgemeinschaft die 5-Grad-Erwärmung bis 2100 nicht ein. Im Gegenteil. Der Schadstoffgehalt steigt weiter an. Und falls Mercallis Prognosen zutreffen, gibt es in Südtirol bereits im Sommer eine Kostprobe von der zukünftigen Hitze.

Vom Wetter wie in Pakistan.
    
(lb) 
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