Gatterer-Preis

"Gegen Konstruktionen kannst du dich nicht wehren"

Im Interview erklärt der Jury-Chef des Gatterer-Preises, wie es zum Eklat kommen konnte. An das Land Südtirol gerichtet sagt er: Ihr schuldet uns noch Geld.

"Gegen Konstruktionen kannst du dich nicht wehren"
Facebook/ÖJC
Eine Woche vor der Verleihung des Professor-Claus-Gatterer-Preises steht kein Preisträger fest. Der Österreichische Journalisten Club sucht in aller Eile einen neuen Preisträger, nachdem der Tiroler Blogger Markus Wilhelm die Verleihung des Preises an ihn abgelehnt hatte (einen Bericht dazu lesen Sie hier). Der Präsident des österreichischen Journalisten Clubs Fred Turnheim spricht von einem noch nie da gewesenen Ereignis in der über 30-jährigen Geschichte der Preises.

"Markus Wilhelm hat uns zugesagt voher. Dann hat er seine Meinung geändert. Die Jury wird also einen neuen Preisträger küren", sagt Turnheim zu Rai Südtirol. "Herr Wilhelm wird den Preis nicht bekommen, weil er der Meinung ist, dass das Ganze nur ein großer Irrtum war."

Rai Südtirol: Herr Turnheim, Markus Wilhelm zählt in seinem Blog mehrere Punkte auf, warum er den Preis nicht entgegen nehmen könne (Wilhelm kritisiert darin den Österreichischen Journalisten Club, vor allem aber die neuen Förderer des Preises, nämlich das Land Burgenland und die Stiftung Esterhazy; Anm.d.Red. Hier lesen Sie den gesamten Eintrag). Was sagen Sie zu Wilhelms Kritikpunkten?

Fred Turnheim, Präsident des Österreichischen Journalisten Clubs und Jury-Chef: Ich versteh' ihn nicht. Als erwachsener Mensch weiß ich, wenn ich einen Preis bekomme, wie die Finanzierung läuft, wer hinter einem Preis steht. Wenn man hinterher etwas konstruiert, dann kann man's konstruieren. Gegen Konstruktionen kannst du dich nicht wehren.

Sie sagen, das ist pure Konstruktion, was Wilhelm auf seinem Blog veröffentlicht hat.

Ja, Sie wissen selber wahrscheinlich aus der Beobachtung, dass der Professor-Claus-Gatterer-Preis eine Entwicklung gemacht hat, die jahrzehntelang sehr erfreulich war. Auch mit dem Land Südtirol sehr erfreulich war und jetzt einen anderen Weg gegangen ist (das Land Südtirol fördert den Preis seit diesem Jahr nicht mehr; Anm.d.Red.). Aber das ist immer im Leben so, dass es auch zu Scheidungen kommen kann.

Bedauern Sie, dass das Land Südtirol ausgestiegen ist?

Das bedaure ich sehr.

Hätte der Professor-Claus-Gatterer-Preis auch ohne das finanzielle Engagement des Burgenlands und der Esterhazy-Stiftung weiter existieren können?

Das weiß ich nicht. Ich habe mich bemüht, mit dem Land Südtirol zu sprechen.

Ich muss Ihnen leider sagen, dass ich bis heute noch immer nicht das gesamte Geld des Vorjahres bekommen habe.


Der Journalisten Club ist hier in Vorlage getreten. Diese Finanzierung über das Land Südtirol war einfach nicht mehr möglich. Ich bedaure das sehr. Ich bin ein großer Freund des Landes Südtirol. Zudem wissen Sie, dass ich nun über 30 Jahre mit Südtirol zusammengearbeitet habe, das war sehr freundschaftlich, das war sehr kollegial. Das war sehr ordentlich für den Preis. Dass das nun diese Wendung genommen hat, bedaure ich sehr.

Wie viel Geld schuldet das Land dem Österreichischen Journalisten Club?

Ich glaube 6.000 Euro. Es hält sich noch in Grenzen.

Markus Wilhelm, jener Mann, den Sie mit dem Gatterer-Preis auszeichnen wollten, schreibt in seinem Blog, dass der Österreichische Journalisten Club immer extremere finanzielle Forderungen an das Land Südtirol gestellt hat. Stimmt das?

Das ist ein Gerücht, das in Südtirol kolportiert wird, von dem habe ich auch gehört. Das Land hat von uns jedes Jahr eine Abrechnung bekommen. Diese Abrechnung wurde noch nie in Frage gestellt. Woher das alles kommt, weiß ich nicht. Ich glaube, das gehört nun alles zu dieser Mär dazu, die nun kolportiert wird und weder dem Claus Gatterer, noch dem Professor-Claus-Gatterer-Preis noch dem Verhältnis zwischen Südtirol und dem Journalisten Club gut tut.

Das Land schuldet Ihnen also 6.000 Euro. Wie viel sollte das Land Südtirol denn pro Jahr bezahlen?

In einer Handschlag-Sitzung mit Landeshauptmann, dem zuständigem Landesrat (gemeint sind Arno Kompatscher und Philipp Achammer; Anm.d.Red.) und der Gemeinde Sexten wurde ausgemacht, dass 30.000 vom Land kommen und 5.000 von der Gemeinde Sexten. 2018 wurde dann gekürzt auf 15.000 vom Land und 5.000 Euro von Sexten. Wir waren mit dieser Kürzung nicht einverstanden, haben sie aber hingenommen. Und davon fehlt nun noch immer Geld.

Warum möchte das Land Südtirol beim Gatterer-Preis nicht mehr mitmachen?

Die Interessen sind nun andere, denke ich, auch die politischen. Man geht nicht mehr in die Richtung Auszeichnung von Journalisten, sondern mehr in Richtung Jugend. In Sexten wurde der Journalisten-Preis "Claus" gegründet. Dagegen ist ja nichts einzuwenden. Nur ich kann als Journalisten-Organisationen keinen Jugendpreis vergeben, ich kann nach den Statuten nur Journalisten fördern. Daher ist das für mich das falsche Gebiet.

Bleiben wir beim aktuellen Fall Markus Wilhelm: Sie haben sich Wilhelms Blogeintrag, in dem er die Preisvergabe an sich ablehnt, durchgelesen. Haben Sie aus diesen Zeilen herausgelesen, dass Wilhelm nur zur Preisverleihung nicht kommen möchte oder den Gatterer-Preis als solchen nicht annimmt?

Er schreibt eine sehr scharfe Kritik, sowohl gegen den Journalisten Club als auch gegen die Sponsoren. Dem entnehme ich, dass er den Preis selbst nicht will. Er schreibt in einer der ersten Zeilen, dass die Verleihung an ihn ein Missverständnis sei.

Trotzdem schreibt er in den letzten Absätzen, was er mit den 10.000 Euro machen möchte, wem er das Geld geben möchte. Das klingt dann doch so, als würde er den Preis oder zumindest das Preisgeld doch ganz gerne haben.

Ja, aber:

Man muss schon den Preis annehmen, wenn man das Preisgeld haben will. Man kann nicht sagen, schickt's mir das Geld auf mein Konto, aber der Preis ist mir egal.


Kann man das wirklich nicht? Ist das irgendwo festgeschrieben, dass man zur Preisverleihung kommen, den Preis offiziell annehmen müsste?

Man muss den Preis annehmen, wenn man einen Preis haben will, natürlich, das geht nicht anders. Wilhelm hatte den Preis zuerst angenommen und hat uns nun mitgeteilt, dass er ihn nicht annehmen möchte. Das steht doch auf seinem Blog, da schreibt er hin, dass das Alles ein großes Missverständnis sei.

"Die Verleihung an mich ist aber ein großes Missverständnis" - da lesen Sie heraus, dass er den Preis nicht annehmen will.

Er fängt ja dann an, gegen den Journalisten Club und gegen die Sponsoren zu schreiben, schreibt, warum er das alles so sieht. Das steht ihm ja alles zu, aber das bedeutet schon für mich, dass er den Preis nicht annehmen möchte.

Nun hat der Journalisten Club in seiner Begründung, warum Wilhelm den Preis bekommen sollte, Ende Juni geschrieben: "jahrzehntelanges publizistisches Eintreten für zu Unrecht benachteiligte und missachtete Gruppen oder Personen". Nun mit dieser Kritik Wilhelms wird das alles hinfällig?

Nein, überhaupt nicht. Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich den Herr Wilhelm sehr, sehr schätze und ihm den Preis sehr, sehr, sehr, sehr gerne überreicht hätte. Aber wenn er ihn nicht will, kann ich nichts tun.

Interview: Petra Gasslitter

Der Professor-Claus-Gatterer-Preis wird am 5. September im burgenländischen Eisenstadt vergeben. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und dem Südtiroler Journalisten und Historiker Claus Gatterer gewidmet.