Südtirol

Furioser "Radetzkymarsch" im Bozner Stadttheater

Wie Europa am Vorabend des Ersten Weltkriegs zerfällt, so zerfällt auch die innere Moral der Familie von Trotta. Im Bozner Stadttheater wird das jetzt neu inszeniert.

Furioser "Radetzkymarsch" im Bozner Stadttheater
Rai Tagesschau
Früher war der österreichische Schriftsteller und Journalist Joseph Roth Pflichtprogramm in den Südtiroler Schulen. Dann ist er ein bisschen aus der Mode gekommen, doch jetzt sind seine Romane plötzlich wieder hochaktuell. "Radetzkymarsch" zum Beispiel.

Diesen Titel gab der Schriftsteller aus Galizien seinem erfolgreichsten Roman. Das mehrere 100 Seiten dicke Werk ist ein Abgesang auf die Alte Welt. "Ein grausamer Wille der Geschichte hat mein altes Vaterland zertrümmert", schrieb Roth 1932 im Vorwort zu seinem Roman, "ich habe es geliebt, dieses Vaterland, das mir erlaubte, ein Patriot und ein Weltbürger zugleich zu sein."

Am Vorabend der großen Katastrophe

Sein Roman beschreibt die Geschichte der Familie Trotta über mehrere Generationen hinweg. Wie Europa am Vorabend der großen Katastrophe, des Ersten Weltkriegs, zunächst kaum merklich, dann mit rasender Geschwindigkeit zerfällt, so zerfällt auch die innere Moral der Familie von Trotta. Diese Paralellführung der kleinen und der großen Geschichte ist die große literarische Leistung Joseph Roths. Er beschreibt dieses alte Österreich voller Ohnmacht und Wehmut und Sinnenfreude mit einer Hingabe als verlöre er einen innig geliebten Menschen. 

Das alles wird jetzt in einer furiosen Inszenierung auf die Bühne des Stadttheaters in Bozen gebracht - mit vielen Bühnenkniffen und Überraschungen, aber auch mit einer Choreographie mitten im Sprechtheater. Und oft sagen die Körper etwas ganz anderes als die Worte.

(ni)