Italien

Arzt aus Bergamo: „Coronavirus – Zustände wie im Krieg“

Christian Salaroli ist Anästhesist in Bergamo. In einem Interview des „Corriere della Sera“ erklärt er, Ärzte müssten entscheiden, wen behandeln und wen nicht.

Arzt aus Bergamo: „Coronavirus – Zustände wie im Krieg“
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Das Krankenhaus „Papst Johannes XXIII“ in Bergamo gehört zu den am meisten beanspruchten Spitälern von Italien, was Infektionen mit dem Coronavirus angeht. Wenige Kilometer vom Krankenhaus entfernt liegt Alzano Lombardo, einer der Hotspots der Infektionen mit dem Coronavirus in der Lombardei.

Christian Salaroli ist Anästhesist im Krankenhaus von Bergamo. Dem „Corriere della Sera“ hat er ein Interview gegeben, in dem er die Zustände an seinem Arbeitsplatz beschreibt.

In dem Interview erklärt er, dass das Krankenhaus an seine Grenzen gestoßen ist. Eine Aufnahme gebe es nur noch für Männer und Frauen, die an einer Lungenentzündung leiden, die durch das Coronvirus Covid-19 verursacht wurde. Wörtlich sagte er: „Man entscheidet nach den Kriterien Alter und Gesundheitszustand. Es ist wie in allen Kriegssituationen. Nicht ich habe das so festgelegt, es sind die Lehrbücher, die wir studiert haben.“

„Das Covid-19-Virus verursacht eine interstitielle Lungenentzündung. Das ist eine sehr aggressive Erkrankung, die die Fähigkeit der Lunge schädigt, das Blut mit Sauerstoff zu versorgen. Die Patienten leiden an einer Hypoxie, das bedeutet, ihr Körper wird zu wenig mit Sauerstoff versorgt.“

Wenn sich die Krankheit weiterentwickelt, müssen die Ärzte entscheiden, was sie mit dem Patienten tun.

„Diese Patienten müssen künstlich beatmet, also intubiert werden. Die Kapazitäten reichen nicht für alle, wir müssen entscheiden.“

Wie gehen die dabei Ärzte vor?

„Das Vorgehen folgt der klinischen Praxis, auch wenn das ein hässliches Wort ist. Patienten mit schweren Herz- und Atemwegserkrankungen und Erkrankungen der Herzkranzgefäße vertragen eine Hypoxie schlecht und haben wenig Chancen, die kritische Phase der Erkrankung zu überleben. Wenn ein Patient im Alter zwischen 80 und 95 Jahren an einer schweren Ateminsuffizienz leidet, dann wird man wahrscheinlich eine Behandlung nicht fortsetzen.“

Auf die Frage des Corriere, ob man diese Patienten dann sterben lässt, antwortet der Arzt:

„Auch das ist eine schreckliche Aussage. Aber leider ist sie zutreffend. Wir sind nicht in der Lage, auf Wunder zu hoffen. Das ist nicht immer so. Wir müssen immer abwägen. Aber jetzt müssen wir das bei einer großen Zahl tun.“

Salarioli berichtet dann davon, dass Primare, aber auch junge Ärzte Entscheidungen über ein Menschenleben treffen müssen. „Manche gehen gebrochen daraus hervor. Solche Entscheidungen müssen bei einer großen Zahl getroffen werden, wiederhole ich.“

(pm)