Südtiroler Sonderweg

„Ich sehe kaum Möglichkeiten“

Der Verfassungsrechtler Francesco Palermo dämpft die Hoffnungen auf ein breites Südtiroler Maßnahmen-Paket in der Coronakrise: Südtirol dürfe die staatlichen Notmaßnahmen nicht aufweichen.

„Ich sehe kaum Möglichkeiten“
Rai Südtirol - facebook/francescopalermo
„Die Sachlage ist eigentlich klar“, sagt der Verfassungsrechtler Francesco Palermo. Was er meint ist die aktuelle Lage Italiens in dieser Coronapandemie. Denn der Staat hat Notmaßnahmen für das Gesundheitswesen erlassen.

„Daher muss Südtirol das machen, was vom Staat vorgesehen ist.  Dabei kann Südtirol diese Maßnahmen verschärfen aber nicht lockern.“

Verfassungsrechtler Francesco Palermo

Es gab aber Lockerungen erst vergangene Woche. Da hatte Landeshauptmann Arno Kompatscher mit einer Notverordnung ermöglicht, dass alle Betriebe aus dem produzierenden Gewerbe und dem Baugewerbe wieder mit maximal fünf Mitarbeiter arbeiten dürfen – egal aus welchem Tätigkeitsbereich sie stammen. Was ist damit? Laut Palermo hat diese Notverordnung eine gesetzliche Verankerung: „Diese Lockerungen dürfen dann eingeführt werden, wenn sie vom Staat auch vorgesehen werden. Das hat der Landeshauptmann auch ausgenützt.“

Autonomie und Ausnahmesituation

Doch nun will Landeshauptmann Arno Kompatscher für Südtirol einen Sonderweg einschlagen. Er will Betriebe öffnen lassen, die in Italien noch gar nicht öffnen dürfen – das sollen Friseure sein aber auch das Gastgewerbe. Kann er das überhaupt? Verfassungsrechtler Palermo ist da skeptisch, obwohl Südtirol durch die Autonomie eine Sondersituation inne habe: „Der Landeshauptmann ist ja gleichzeitig auch als Kommissar für den Zivilschutz im Land zuständig ist“, erklärt Palermo, „deshalb stehen wir im Vergleich zu anderen Regionen recht gut da.“ Doch was die autonomen Befugnisse anbelangt bremst Palermo:

„Gibt es ein Recht auf Autonomie in einer Ausnahmesituation wie dieser? Ich muss sagen, im Moment tritt die Autonomie aufgrund der Ausnahmesituation stark in den Hintergrund.“

Verfassungsrechtler Francesco Palermo

Verfassungexperte: Bei eigener Verordnung könnte Kompatscher Absetzung drohen

Von einer eigenen Verordnung, die der Landeshauptmann erlassen könnte und die weitreichende Lockerungen deutlich schneller umsetzen könnte als ein Landesgesetz, rät Palermo ab. "Das wäre nicht klug, denn für Landeshauptmann Arno Kompatscher persönlich wäre das ein großes Risiko", sagt der Verfassungsrechtler. Denn: Kompatscher könnte laut Palermo aufgrund fehlender rechtlicher Grundlage dann von der Regierung als Landeshauptmann abgesetzt werden. 

(pm/hase/hp)