Südtirol

Coronakrise: Deutlich mehr Suizide – „Rasch Hilfe holen!“

In Südtirol ist die Suizidrate nach dem Lockdown stark angestiegen. Experten rufen dazu auf, sich rasch Hilfe zu holen.

Coronakrise: Deutlich mehr Suizide – „Rasch Hilfe holen!“
Pixabay
In Südtirol nimmt sich im Durchschnitt ein Mensch pro Woche das Leben. Nach der Aufhebung des Lockdown ist die Zahl deutlich angestiegen. In den letzten sechs Tagen hat es sieben Suizide gegeben. Besonders gefährdet sind Männer. Im Sanitätsbetrieb schätzt man die Lage als dramatisch ein.

Laut dem Leiter des psychiatrischen Dienstes im Krankenhaus Brixen Roger Pycha ist das die Folge verstärkter Unsicherheiten im Leben. Die Sorgen beziehen sich auf unsichere Gesundheit, mögliche wirtschaftliche Einbußen und vor allem die nicht mehr mögliche menschliche Nähe. Damit steigt bei vielen Menschen das Gefühl der Verzweiflung.

Der Rat des Experten

Eine Möglichkeit, gegen diese Gefühle der Verzweiflung anzugehen und sich selber und andere zu schützen, sind Selbsthilfegruppen. Pycha sieht in Selbsthilfegruppen sehr kluge und zugleich sehr diskrete Einrichtungen. Ihr Wesen bestehe darin, dass Betroffene sich gegenseitig unter Ausschluss der Öffentlichkeit helfen. Pycha begrüßt, dass neuerdings Selbsthilfegruppen gegen Einsamkeit entstanden sind. „Wir wissen, dass Einsamkeit mehr Menschen tötet als die meisten definierten Krankheiten. Und wir sind jetzt nach dem Lockdown und in der Krise ausgehungert nach Kontakten. Die müssen wir neu pflegen und zum großen Teil auch überhaupt neu erfinden."

Wir wissen, dass Einsamkeit mehr Menschen tötet als die meisten definierten Krankheiten.

Roger Pycha, Psychiater

Hilfe in Notsituationen gibt es bei den Psychiatrischen Diensten. An den Krankenhäusern von Bozen, Meran, Brixen und Bruneck stehen Psychiater, also Fachärzte für Seelenheilkunde, in Rufbereitschaft. Innerhalb von 20 Minuten können sie an Ort und Stelle sein.

Hier die wichtigsten Notrufnummern:

Bei schweren Krisen: Notfallpsychologie 24h +39 366 620 94 03
Caritas Telefonseelsorge: 0471 052 052
Young and direct: 0471 155 155 1
Notruf 112

(ni/pm)