Brenner-Route

Transit: Mauterhöhung rückt in weite Ferne

Die Lkw-Maut in Europa soll künftig anhand der Schadstoffe festgelegt werden können. Doch ein geplantes Vetorecht würde es Italien ermöglichen, eine höhere Maut am Brenner-Korridor zu verhindern.

Transit: Mauterhöhung rückt in weite Ferne
Rai Tagesschau
Das verkehrspolitische Ziel in der Europaregion, die Lkw-Maut am Brenner-Korridor auf Schweizer Niveau zu erhöhen, um damit eine Verlagerung der Gütertransporte von der Straße auf die Schiene zu erreichen, scheint in weite Ferne gerückt. Der EU-Verkehrsministerrat hat nun nämlich bei einem informellen virtuellen Treffen unter deutschem Vorsitz dem Vorschlag des EU-Parlaments zur sogenannten Wegekostenrichtlinie die Maut-Zähne gezogen. Das Parlament hatte vorgeschlagen, einen Lkw-Mautzuschlag von bis zu 50 Prozent auf sensiblen, besonders belasteten Korridoren, wie etwa am Brenner, zu ermöglichen. Und gleichzeitig den Spielraum eröffnet, dass die Lkw-Maut auch anhand der Schadstoff-Emissionen festgelegt werden kann.

Platter und Felipe sprechen von "Farce" 

Der aktuelle Vorschlag des EU-Ministerrats sieht nun aber ein Vetorecht vor: Ein Staat soll eine Mauterhöhung eines Nachbarlandes verhindern können. Was für den Brenner-Korridor, der als günstigster Alpenkorridor Unmengen an Umwegverkehr anzieht, folgenreich wäre. Für Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) ist das vorgesehene Vetorecht „eine Farce“, wie sie in einer Aussendung betonen.

Italien drängt auf Vetorecht

 Mit dem Vetorecht könnten nämlich „einzelne Nationalstaaten europäische Verkehrslösungen blockieren und einer zukunftsfähigen Verlagerungspolitik zum Wohle der betroffenen Bevölkerung einen verkehrspolitischen Riegel vorschieben“, kritisieren Platter und Felipe (Grüne) den Vorschlag des Verkehrsministerrates. Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat im Ministerrat gegen das Vetorecht wegen der absehbaren Folgen für die Brenner-Route gestimmt. Auf das Vetorecht der Nachbarstaaten soll Italiens Verkehrsministerin Paola de Micheli (PD) gedrängt haben.

In der Europaregion sah man den ursprünglichen Vorschlag einer Maut-Erhöhung als neue verkehrspolitische Möglichkeit zur Entlastung der billigsten und mit Abstand meist befahrenen Alpentransversale. Den bestehenden EU-rechtlichen Spielraum bei den Mauttarifen hat bisher nämlich nur Tirol ausgeschöpft, eine weitere Maut-Erhöhung ist am Tiroler Abschnitt nach derzeitigem EU-Recht nicht möglich. Am längeren italienischen Abschnitt von Brenner bis Verona und am deutschen-bayerischen Abschnitt des Brenner-Korridors wären rechtliche Spielräume für eine Mauterhöhung vorhanden: Sie wurden bisher aber nicht genutzt.

„Ich habe kein Verständnis dafür, dass Tirol aufgrund der geografischen Lage weiter zum Opfer des Transitverkehrs in Europa mutiert."
Günther Platter, Tiroler Landeshauptmann 


Tirols Landeshauptmann Günther Platter betont, dass eine Anhebung der Lkw-Maut auch in Tirol den Umwegtransit am Brenner deutlich reduzieren könnte. Kritisch zum nun vorliegenden Vorschlag merkt Platter an: „Ich habe kein Verständnis dafür, dass Tirol aufgrund der geografischen Lage weiter zum ‚Opfer des Transitverkehrs in Europa‘ mutiert“. Ein Vetorecht der Nachbarländer für Mautzuschläge in sensiblen Regionen „wollen und werden wir nicht akzeptieren. Warenverkehr und Schutz der Gesundheit und Umwelt dürfen keine Widersprüche sein“. Verkehrslandesrätin Felipe ergänzt: Der ursprüngliche Entwurf sei „im Sinne der Transportwirtschaft verwässert“ worden, damit würden „die Ziele des Green-Deal der EU torpediert“.

Die Entscheidung über eine neue EU-Wegekostenrichtlinie fällt im offiziellen Verkehrsministerrat in der kommenden Woche.
 
(bs)