Platter und Felipe sprechen von "Farce"
Der aktuelle Vorschlag des EU-Ministerrats sieht nun aber ein Vetorecht vor: Ein Staat soll eine Mauterhöhung eines Nachbarlandes verhindern können. Was für den Brenner-Korridor, der als günstigster Alpenkorridor Unmengen an Umwegverkehr anzieht, folgenreich wäre. Für Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) ist das vorgesehene Vetorecht „eine Farce“, wie sie in einer Aussendung betonen.Italien drängt auf Vetorecht
Mit dem Vetorecht könnten nämlich „einzelne Nationalstaaten europäische Verkehrslösungen blockieren und einer zukunftsfähigen Verlagerungspolitik zum Wohle der betroffenen Bevölkerung einen verkehrspolitischen Riegel vorschieben“, kritisieren Platter und Felipe (Grüne) den Vorschlag des Verkehrsministerrates. Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat im Ministerrat gegen das Vetorecht wegen der absehbaren Folgen für die Brenner-Route gestimmt. Auf das Vetorecht der Nachbarstaaten soll Italiens Verkehrsministerin Paola de Micheli (PD) gedrängt haben.
In der Europaregion sah man den ursprünglichen Vorschlag einer Maut-Erhöhung als neue verkehrspolitische Möglichkeit zur Entlastung der billigsten und mit Abstand meist befahrenen Alpentransversale. Den bestehenden EU-rechtlichen Spielraum bei den Mauttarifen hat bisher nämlich nur Tirol ausgeschöpft, eine weitere Maut-Erhöhung ist am Tiroler Abschnitt nach derzeitigem EU-Recht nicht möglich. Am längeren italienischen Abschnitt von Brenner bis Verona und am deutschen-bayerischen Abschnitt des Brenner-Korridors wären rechtliche Spielräume für eine Mauterhöhung vorhanden: Sie wurden bisher aber nicht genutzt.
„Ich habe kein Verständnis dafür, dass Tirol aufgrund der geografischen Lage weiter zum Opfer des Transitverkehrs in Europa mutiert."
Günther Platter, Tiroler Landeshauptmann
Tirols Landeshauptmann Günther Platter betont, dass eine Anhebung der Lkw-Maut auch in Tirol den Umwegtransit am Brenner deutlich reduzieren könnte. Kritisch zum nun vorliegenden Vorschlag merkt Platter an: „Ich habe kein Verständnis dafür, dass Tirol aufgrund der geografischen Lage weiter zum ‚Opfer des Transitverkehrs in Europa‘ mutiert“. Ein Vetorecht der Nachbarländer für Mautzuschläge in sensiblen Regionen „wollen und werden wir nicht akzeptieren. Warenverkehr und Schutz der Gesundheit und Umwelt dürfen keine Widersprüche sein“. Verkehrslandesrätin Felipe ergänzt: Der ursprüngliche Entwurf sei „im Sinne der Transportwirtschaft verwässert“ worden, damit würden „die Ziele des Green-Deal der EU torpediert“.
Die Entscheidung über eine neue EU-Wegekostenrichtlinie fällt im offiziellen Verkehrsministerrat in der kommenden Woche.
(bs)