Italien

Entscheidungstage für Conte

Regierungsumbildung, vorgezogene Wahlen - es gibt viele Optionen, wie es weiter gehen könnte. Heute und morgen warten große Hürden auf Conte.

Entscheidungstage für Conte
Mauro Scrobogna/LAPRESSE/
Für die Regierung von Ministerpräsident Giuseppe Conte geht es heut und morgen um seine politische Zukunft. Nachdem sein Regierungsbündnis zerbrochen ist, muss sich der parteilose Jurist heute in der Abgeordnetenkammer der Vertrauensabstimmung stellen und sich zu der seit Wochen verfahrenen Lage äußern.

Muss Conte gehen?

Übersteht er das Votum in der Abgeordnetenkammer, wartet am Dienstag bereits die nächste Hürde: eine weitere Abstimmung im Senat. Um das volle Vertrauen des Parlaments zu haben, braucht der 56-Jährige die Zustimmung beider Kammern. Übersteht Conte schon die Abstimmung am Montag nicht, könnte sein Rücktritt näher rücken.

Die Krise hatte sich Mitte der vergangenen Woche verschärft, weil zwei Ministerinnen der Kleinpartei Italia Viva von Ex-Regierungschef Matteo Renzi ihre Rücktritte erklärten. Damit hatte das Mitte-Links-Bündnis Contes um die Fünf-Sterne-Bewegung, die Sozialdemokraten der Partito Democratico und der Kleinpartei Liberi e Uguali keine Mehrheit mehr. Italia Viva hatte sich aus der Koalition zurückgezogen, weil unter anderem Renzi mit der Verwendung milliardenschwerer EU-Hilfsgelder zum Wiederaufbau nach der Corona-Krise nicht einverstanden war. Die Abgeordneten von Italia Viva kündigten an, sich der Stimme zu enthalten.

Neue Mehrheiten?

Unione di Centro und die Vereinigung der Auslandsitaliener könnten neue Partner für die Regierung von Ministerpräsident Conte werden (wir haben berichtet) Damit hätte Conte gute Chancen, eine Mehrheit in der Abgeordnetenkammer zu erzielen. Nach seiner Ansprache um die Mittagszeit soll die Abstimmung beginnen. Wann ein Ergebnis feststeht, ist schwer zu sagen, da die Politiker einzeln aufgerufen werden, um zu wählen. Die Kammer hat 630 Sitze.

Im Senat ist die Mehrheit knapper. Dort hatte die Italia Viva mit 18 Stimmen bislang immer den entscheidenden Unterschied gemacht. 321 Sitze umfasst der Senat. Eine absolute Mehrheit ist mit 161 Stimmen erreicht. Bislang hatte die Regierung dort 166 Stimmen und muss nun einen Teil der Italia-Viva-Stimmen ersetzen.

Der seit 2018 regierende Anwalt muss daher auf Überläufer aus anderen politischen Lagern hoffen. Einige Politiker der Italia Viva hatten bereits angekündigt Conte das Vertrauen auszusprechen. Auch aus Teilen des Mitte-Rechts-Lagers könnten Stimmen für ihn kommen.

Die möglichen Szenarien

Giuseppe Conte könnte mit seinem aktuellen Kabinett weiter machen oder in einem neuen Bündnis ein drittes unter seiner Führung zusammenstellen. Möglich ist auch eine Einheitsregierung, für die der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank Mario Draghi als Ministerpräsident gehandelt wird. Das bislang von vielen am wenigsten favorisierte Szenario wären vorgezogene Wahlen.

dpa ka