​Regierungskrise in Rom: „Es ist alles offen“

Keine einfache Zeiten: Inmitten der Corona-Pandemie befindet sich Italien nun in einer schweren Regierungskrise. "Alles ist offen", sagt Rom-Korrespondentin Ulrieke van den Driesch.

​Regierungskrise in Rom: „Es ist alles offen“
Ansa/Foto
Es ist noch nicht einmal eine Woche vergangen, seit Ministerpräsident Giuseppe Conte die Vertrauensabstimmungen in Kammer und Senat gewonnen hat und eine Neubildung der Regierung oder gar Neuwahlen vorerst abwenden konnte. Vorerst - dass es auf dieses Wort ankommen würde, wusste man eigentlich schon in der vergangenen Woche und so ist es auch gekommen.

Heute reicht Conte seinen Rücktritt ein. Warum ist es so weit gekommen? „Conte ist schlicht und einfach gescheitert. Seine Strategie, weitere Unterstützer zu suchen, ist gescheitert. Dieser Rücktritt wäre eigentlich schon in der vergangenen Woche fällig gewesen, angesichts der knappen Mehrheit, die Conte erhalten hat“, erklärt Rom-Korrespondentin Ulrieke van den Driesch.

Premiere: Zuerst Presse informiert

Am Vormittag wird Conte den Ministerrat über seinen Rücktritt informieren, anschließend dann Staatspräsident Sergio Mattarella. Ulrieke van Driesch spricht allerdings von einem Novum. „Es ist noch nie vorgekommen, dass ein Ministerpräsident zuerst die Presse über seinen anstehenden Rücktritt informiert hat und dann erst seine Regierungskollegen und den Staatspräsidenten.“ Auch das zeige, dass Conte bis zuletzt daran geglaubt habe, noch eine Mehrheit zu erreichen, er habe bis spät in die Nacht hinein verhandelt.

Wie geht es weiter?

Sobald Conte Staatspräsident Mattarella über seinen Rücktritt informiert hat, wird Mattarella abwägen ob und wie eine neue Regierung zustande kommen könnte und er wird dann Konsultationen anberaumen. „Diese werden am Mittwochnachmittag beginnen. Er wird Conte damit beauftragen oder jemand anderen", so Ulrieke van den Driesch. 

Dritte Conte-Regierung?

Eine dritte Conte-Regierung schließt die Rom-Korrespondentin nicht aus. „Der PD und Movimento Cinque Stelle haben bereits angekündigt, Conte treu bleiben zu wollen. Und auch Italia Viva hat nie die Tür zugeschlagen. Vor allem aber hat auch Silvio Berlusconi von Forza Italia nun angekündigt, dass er sich zum Wohle des Landes durchaus eine Mitarbeit in der Regierung vorstellen könne“. Würde Conte auch die Stimmen von Forza Italia erhalten, dann hätte er auch im Senat eine solide Mehrheit, nämlich rund 50 Stimmen mehr.

Den PD, Movimento Cinque Stelle, Italia Viva und Forza Italia eine – laut Ulrieke van den Driesch – vor allem eines: „Sie sind alle europafreundliche Kräfte. Und vor allem haben sie alle kein Interesse an Neuwahlen, weil sie dann deutlich schlechter abschneiden würden.“ Sieger von eventuellen Neuwahlen wäre – laut Umfragen – Matteo Salvini von der Lega und Giorgia Meloni von Fratelli d*Italia.  

Die Zeit drängt

Die Zeit drängt, so oder so: „Rom muss endlich einen überzeugenden Plan einreichen, was es mit den Recovery-Geldern von rund 220 Milliarden Euro vorhat. Denn hier ist Italien mehr als im Verzug und hier hat Conte mit seinen Aktionen zuletzt irritiert. Sogar Griechenland hat bereits einen detaillierten Plan eingereicht“, betont Rom-Korrespondentin Urieke van den Driesch.
 
(joi)