​Medienschelte für Südtirols Sonderweg: "Selbstbetrug endet"

Südtirols Sonderweg bekommt ordentlich Schelte: Vor allem die ausländischen Medien sparen nicht mit Kritik.

​Medienschelte für Südtirols Sonderweg: "Selbstbetrug endet"
Rai Tagesschau
Der Schweizer „Tagesanzeiger.ch“ kritisiert relativ scharf die „Musterprovinz“: Dieser drohe wegen der Südafrika-Mutante die Isolation, während der Rest Italiens öffne. In ganz Europa habe nur Portugal eine noch höhere Wocheninzidenz.

"tagesanzeiger.ch": Kritik aus der Schweiz 

“Der lange Selbstbetrug endet, der Sonderweg ist gescheitert. Südtirol macht nun schnell alles dicht, um die verheerende Entwicklung der Seuche auf seinem Verwaltungsgebiet unter Kontrolle zu bringen. Die jüngste Wocheninzidenz liegt bei 763 auf 100’000 Einwohner, ein sehr hoher Wert. Europaweit steht nur Portugal schlechter da. Die britische Mutation des Coronavirus soll schon seit mindestens einem Monat in Südtirol sein. Wie stark sie sich verbreitet hat, weiß man noch nicht. Die Impfkampagne kommt nur schleppend voran, wie überall in Europa, in Südtirol liegt es vielleicht zusätzlich auch daran, dass es dort traditionell viele Impfgegner gibt. Das Gesundheitswesen steht unter großem Stress. Da blieb der Landesregierung der autonomen Provinz nun keine andere Wahl, als einen harten Lockdown zu verhängen – für drei Wochen, von diesem Montag an“, schreibt Rom-Korrespondent Oliver Meiler im „tagesanzeiger.ch“.
 
Und die Kritik von Oliver Meiler wird noch schärfer: Im vergangenen Januar, als Rom Südtirol als rote Zone einstufte, habe man sich einfach weiter so verhalten, als wäre man gelb. „Der Druck von Hoteliers und Gewerbeleuten war immer stärker als die Sorge vor Covid-19“, so Oliver Meiler.

„Standard“: Südtiroler Weg entpuppt sich als Sackgasse

Auch der österreichische „Standard“ spart nicht mit Kritik. Der Südtiroler Weg entpuppe sich als Sackgasse. „Die Regionalregierung wollte Geschäfte und Schulen gegen den Rat aus Rom offenhalten – die Bürger bekommen nun die Rechnung“, kritisiert Rom-Korrespondent Dominik Straub.
 
„Die Regeln ernst nehmen: Damit hat es in Südtirol in letzter Zeit in der Tat etwas gehapert. Aber nicht bei den Bürgerinnen und Bürgern, sondern im Palais Widmann, dem Sitz der Südtiroler Landesregierung in Bozen. Als die Zentralregierung in Rom Mitte Jänner die Corona-Ampel für die autonome Provinz auf Rot stellte, wurde dies in Bozen ignoriert – obwohl Südtirol landesweit die höchsten Fallzahlen aufwies. Nach Auffassung von Kompatscher und seinem Gesundheitsminister Thomas Widmann war Südtirol eine gelbe Zone, also ein Gebiet mit deutlich weniger Restriktionen – mit geöffneten Läden, Bars und Restaurants und Hotels und mit Schulen mit Präsenzunterricht“, so Straub im „Standard“ wörtlich.

„Sueddeutsche“: Selbstbetrug endet

Und auch die „Sueddeutsche“ macht Südtirol zum Thema: Der lange Selbstbetrug ende, der Sonderweg sei gescheitert, kritisieren Oliver Meiler und Martin Langeder.

„Überhaupt wollten die Südtiroler in dieser Pandemie mal wieder alles nach dem eigenen Kopf machen, um sich selbst und der Welt zu beweisen, dass man die Dinge nun mal besser im Griff hat als Rom. Südtirol war im vergangenen Mai die erste Provinz im Land, die den ersten Lockdown löste.“
 
(joi)