Holocaust

Israel: Gedenken an die Ermordeten im Holocaust

Israel gedenkt heute der sechs Millionen jüdischen Opfer des Holocaust. Vor 60 Jahren begann der Prozess gegen Adolf Eichmann.

Israel: Gedenken an die Ermordeten im Holocaust
Ansafoto
Israel hat am Donnerstag der sechs Millionen jüdischen Opfer des Holocaust gedacht. Am Vormittag heulten landesweit zwei Minuten lang die Sirenen. Auf den Straßen blieben die Autos stehen, Menschen verharrten in stillem Gedenken. Anschließend begannen in dem Land zahlreiche Gedenkverstaltungen.

In Israel leben nach offiziellen Angaben noch 174.500 Überlebende. 83 Prozent von ihnen sind älter als 80 Jahre, 18 Prozent über 90. Mehr als 900 Holocaust-Überlebende in Israel sind über 100 Jahre alt. Das Durchschnittsalter liegt bei 84,5 Jahren, wie die zuständige Behörde vor dem Gedenktag mitteilte.

Staatspräsident Reuven Rivlin hatte am Mittwochabend bei einer Zeremonie in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem gesagt, 900 Holocaust-Überlebende in Israel seien "als direktes Ergebnis" der Corona-Pandemie gestorben. "Sie haben die Ghettos und Todeslager überlegt, die Einwandererschiffe und die Internierungslager", sagte Rivlin. Den letzten Kampf ihres Lebens hätten sie jedoch "verstört und isoliert, hinter Masken und Schutzhandschuhen, sich nach Kontakt sehnend, aber von ihren geliebten Menschen getrennt" geführt. "An diesem Abend sind unsere Herzen mit ihnen und ihren Familien."

Wegen der fortwährenden Corona-Krise soll der "Marsch der Lebenden", bei dem sonst junge Juden aus aller Welt von Auschwitz nach Birkenau gehen, virtuell stattfinden. Am Donnerstagnachmittag waren eine Online-Gedenkveranstaltung und ein 3-D-Marsch geplant. Auschwitz war das größte der deutschen Vernichtungslager in der NS-Zeit.

Am 11. April vor 60 Jahren begann der Prozess gegen Adolf Eichmann

Auch 60 Jahre nach dem legendären Prozess gegen den NS-Verbrecher Adolf Eichmann in Jerusalem kann einer der damaligen Ankläger eine bestimmte Zeugenaussage nicht vergessen. Es sind die Angaben des Auschwitz-Überlebenden Martin Földi, an die sich der 94 Jahre alte Gabriel Bach in der Küche seiner Jerusalemer Wohnung erinnert. Földis Frau, sein Sohn und seine Tochter waren bei der Selektion nach der Ankunft im Vernichtungslager sofort in den Tod geschickt worden.

"Dieser rote Punkt, der nun immer kleiner wurde: So verschwand meine Familie aus meinem Leben."
Martin Földi, Auschwitz-Überlebender 


Földi habe sie rasch aus den Augen verloren. Nur die kleine zweieinhalbjährige Tochter habe er noch sehen können - weil sie einen roten Mantel trug. "Dieser rote Punkt, der nun immer kleiner wurde: So verschwand meine Familie aus meinem Leben", habe Földi damals von den furchtbaren Momenten der Trennung erzählt. Die Tochter des stellvertretenden Chefanklägers Bach, Orli, war zur Zeit des Prozesses 1961 auch zweieinhalb Jahre alt. Und er hatte ihr kurz zuvor einen roten Mantel gekauft.

Die Zeugenaussage habe ihm damals die Stimme verschlagen, erzählt der 1927 im deutschen Halberstadt geborene Bach. "Ich konnte plötzlich keinen Ton herausbekommen." Es habe einige Minuten gedauert, "bis ich mich wieder unter Kontrolle hatte".

Eichmann: Hitlers "Spediteur des Todes"

Der weltweit aufsehenerregende Prozess gegen Eichmann, Hitlers "Spediteur des Todes" bei der systematischen Judenvernichtung in Europa, dauerte nach dem Auftakt am 11. April 1961 acht Monate - und endete mit dem Todesurteil. Mehr als hundert Zeugen wurden im "Haus des Volkes" befragt, einem eigens umgebauten Theatersaal. Während der Angeklagte Eichmann in einem Glaskasten saß, erzählten die jüdischen Opfer von ihren schrecklichen Erlebnissen.

Der Prozess gilt als zentraler Auslöser der Aufarbeitung der NS-Verbrechen. "Es gab viele Momente, wo man Herzklopfen bekam", erzählt der immer noch stattliche, weißhaarige Bach auf Deutsch. Aber keine Aussage habe ihn so persönlich bewegt wie jene Földis.

Apa/hp
Adolf Eichmann wurde am 15. Dezember 1961 zum Tode verurteilt Ansafoto
Adolf Eichmann wurde am 15. Dezember 1961 zum Tode verurteilt