14 Tote in Stresa

Staatsanwaltschaft: Notbremse ist "absolut absichtlich" deaktiviert worden

Abgestürzte Seilbahnkabine war laut Ermittlern willentlich nicht gesichert. Verkehrsminister Giovannini spricht von "schwerwiegenden Beweisen":

Staatsanwaltschaft: Notbremse ist "absolut absichtlich" deaktiviert worden
Ansa
Der wegen des Seilbahnunglücks am Lago Maggiore festgenommene Direktor der Seilbahn-Betreibergesellschaft "Ferrovie del Mottarone" bestreitet die Vorwürfe der Staatsanwälte. Der 51-jährige Ingenieur dementiert, über die absichtliche Abschaltung eines Sicherheitssystems informiert gewesen zu sein, die das Unglück mit 14 Todesopfern verursacht haben soll. Er habe die verschiedenen Eingriffe der vergangenen Monate rekonstruiert und könne sich den Seilriss nicht erklären, auch weil alle Prüfberichte immer positiv ausgefallen seien, heißt es von seinem Anwalt. Das Abschalten der Notbremse sei bei besonderen Eingriffen vorgesehen, aber natürlich nie bei einem Personenbetrieb. Perocchio, so der Anwalt, sei "ein äußerst gewissenhafter Ingenieur".  

Der Seilbahn-Einsatzleiter hingegen, der in der Nacht auf Mittwoch mit dem Direktor und dem Eigentümer der Seilbahnanlage festgenommen worden war, hat gestanden, dass die Notbremse absichtlich ausgeschaltet worden sei. Carabinieri-Offizier Albert Cicognani führt die Ermittlungen: "Es gab eine Störung an der Seilbahn, das Beförderungsteam hat das Problem nicht oder nur teilweise gelöst. Um die Verbindung nicht zu unterbrechen, entschieden sie sich, die 'Gabel', die verhindert, dass die Notbremse in Kraft tritt, an Ort und Stelle zu lassen." 

Der ermittelnde Staatsanwältin Olimpia Bossi zufolge sei diese Entscheidung eine "absolut absichtliche" gewesen, um den Betrieb der Seilbahn aufrecht zu erhalten. Die Gabel zum Außerkraftsetzen der Notbremse sei am Sonntag sicherlich nicht zum ersten Mal eingesetzt worden. Die Seilbahn hatte demnach schon seit eineinhalb Monaten Probleme.

Der italienische Verkehrsminister Enrico Giovannini betonte bei einer parlamentarischen Fragestunde in Rom, es gebe "schwerwiegende Beweise" für die Verantwortung des Seilbahn-Einsatzleiters, der mit Zustimmung des Direktors und des Eigentümers der Anlage das Sicherheitssystem ausgeschaltet habe, obwohl ihm die potenzielle Gefahr bewusst gewesen sei. "Dieser tragische Unfall bedeutet eine tiefe Wunde für Italien", sagt Giovannini, der den Familienangehörigen der Opfer kondolierte. 

Inzwischen hat sich der Zustand des einzigen Überlebenden gebessert, Der fünfjährigen Bub, der mit mehreren Frakturen in einem Krankenhaus in Turin liegt, stammt aus Israel und hat beim Unglück seine Eltern, seinen zweijährigen Bruder und zwei Urgroßeltern verloren. Er komme schrittweise zu sich und sei nicht mehr intubiert, teilte Klinik-Chef Giovanni La Valle mit. Die Leichen der verstorbenen Angehörigen des Buben wurden am Mittwoch zum Mailänder Flughafen gebracht, um nach Israel überführt zu werden. Dort sollen die Opfer beigesetzt werden.

(dpa/lb)