Marmolata-Katastrophe

Experten gehen von einem Wasserstau am Gletscher aus

Am Tag nach dem Gletscherbruch beginnt die Ursachenforschung. Experten sind sich einig: Sie gehen von einer Wasseransammlung aus, ausgelöst durch die Erderwärmung.

Experten gehen von einem Wasserstau am Gletscher aus
CNSAS Veneto
Wenn der Glaziologe Georg Kaser auf den Gletscherbruch an der Marmolata blickt (hier lesen Sie die aktuellen Entwicklungen im Liveticker), dann fällt ihm vor allen Dingen das viele Wasser auf. "Hier war sehr, sehr viel Wasser dabei und das Wasser hat sehr viel Erdmaterial mitgenommen", beschreibt Kaser. Er führt die Entwicklung am Gletscher auf die Erderwärmung zurück. Die Ostalpen seien am Zerfallen. "In den vergangenen Jahrzehnten lag die Null-Grad-Grenze bereits über Wochen und Wochen oberhalb der Gipfel, auch jetzt wieder, schon seit vielen Wochen. Da schmilzt natürlich das Eis."

Das Schmelzwasser wiederum könne in Eisklüfte eindringen. "In dem speziellen Fall schaut es so aus, als gäbe es in dem relativ steilen Hang eine kleine Verebnung im Gletscherbett. Dort konnte sich das Wasser ansammeln", erklärt der Glaziologe (hier hören Sie ein ausführliches Interview mit ihm). "Wenn das Gletscherbett es erlaubt, dass sich das Wasser staut, dann sammelt sich immer mehr Wasser an. Das setzt sich irgendwann frei - oder es dient als Gleitmittel für einzelne Gletscherstücke, die sich loslösen vom eigentlichen Gletscher und dann sehr, sehr schnell zu Tal stürzen."

Reinstadler: Vermutlich Wasserstau am Gletscher

Ähnlich klingt die Erklärung von Olaf Reinstadler. Reinstadler ist der Chef der Bergrettung Sulden. Er ist oft in der Ortlergruppe und auf anderen Gletschern unterwegs - und er teilt die Einschätzungen des Klimaexperten. Reinstadler ist sich sicher, dass der Gletscherbruch an der Marmolata mit massivem Schmelzwasserstau in Verbindung steht. "Bei so hohen Temperaturen dringt viel Schmelzwasser ein und kann nicht so schnell ablaufen, wie es ablaufen sollte. Das Wasser staut sich auf, der Druck steigt. Irgendwann platzt der Wasserstau auf und schießt zu Tal."

Dass die Bergsteiger zu spät unterwegs gewesen seien, das glaubt Reinstadler nicht. Denn die Dynamik eines derartigen Eisbruches sei unabhängig von der Tageszeit.

ge/th/pg