Regierung

Wer sind die neuen Minister und Ministerinnen?

Gestern wurden die neuen Minister und Ministerinnen der Regierung Meloni vereidigt und heute trafen sie zur ersten Kabinettssitzung zusammen: Wer sind diejenigen, die Italien nun lenken?

Wer sind die neuen Minister und Ministerinnen?
ANSA/EPA

Außenminister



Neuer Außenminister und auch der erste Stellvertreter der Regierungschefin Giorgia Meloni ist der Europakenner Antonio Tajani. Er gilt als Garant der Europafreundlichkeit dieser Regierung. Der 69-jährige Mitbegründer von Forza Italia, hinter Berlusconi die Nummer zwei bei FI, ist seit Jahren bestens in Brüssel vernetzt. Der ehemalige Journalist (von RAI GR bis „Il Giornale“) war sechs Jahre EU-Kommissar, erst für Verkehr, später für Industrie. 2014 wurde er Europaabgeordneter und leitete zweieinhalb Jahre das EU-Parlament.

Tajani ist Jurist, spricht Englisch, Französisch und Spanisch, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Innenminister



Neuer Innenminister ist Matteo Piantedosi, von Juli 2018 bis September 2018 Kabinettschef des damaligen Innenministers Matteo Salvinis und aktuell der Präfekt Roms. Der Vertraute Salvinis hatte die Aufgabe, dessen harte Linie in der Migrationspolitik umzusetzen. Wie Salvini wurde er von der Staatsanwaltschaft Agrigento wegen Entführung, illegaler Verhaftung und Amtsmissbrauchs auf die Liste der Verdächtigen gesetzt, im Fall des Flüchtlingsschiffes, das die Geretteten nicht an Land bringen durfte. Im Prozessverlauf wurde er von der Liste der Verdächtigen wieder gestrichen.

Der 59-jährige Neapolitaner ist verheiratet, hat zwei Töchter und einen Abschluss in Jura.

Justizminister



Das Justizministerium ist eines jener Ressorts, die Regierungschefin Giorgia Meloni mit einem Mitglied ihrer eigenen Partei besetzt, mit dem ehemaligen Anti-Korruptions-Staatsanwalt Carlo Nordio. Der aus Treviso stammende 75-jährige Nordio hat sich immer wieder mit dem Thema Gerechtigkeit beschäftigt, unter anderem in sechs Büchern. Das jüngste, heuer veröffentlichte Buch ist eine Reflexion, die von Tangentopoli bis zum "Zusammenbruch der Justiz" reicht. Nordio war Spitzenkandidat von Fratelli d'Italia bei der jüngsten Präsidentenwahl, er hat oft "unpopuläre" Positionen innerhalb der Justiz vertreten, etwa als er sich für die Auslosung der Zusammensetzung des Obersten Richterrates (CSM) einsetzte.

Über sein Privatleben hält Nordio sich bedeckt.

Verteidigungsminister



Der Weggefährte von Giorgia Meloni, Guido Crosetto, ist neuer Verteidigungsminister. Seine Ernennung ist umstritten, weil er als ehemaliger Chef eines Verbands der Rüstungsindustrie vom Rüstungslobbyisten zum Verteidigungsminister wird. Bei der Vereidigung erklärte er deswegen, die alten Kleider ablegen und für alle Italiener arbeiten zu wollen. Der 59-Jährige ist mit Ignazio La Russa und Giorgia Meloni einer der Gründer von Fratelli d'Italia. So ziemlich jedem in Italien ist das Bild bekannt, auf dem der 1,96 m große Mann, auch „Shrek“ genannt, Meloni auf den Arm nimmt, wenige Tage vor der Gründung von Fratelli d’Italia.

Der Sohn einer prominenten Industriellenfamilie aus der Metallbranche, Wirtschaftswissenschaftler und Unternehmer begann als Christdemokrat. Er hat zwei Kinder und war zweimal verheiratet

Wirtschafts- und Finanzminister



Giancarlo Giorgetti, der stellvertretende Parteisekretär der Lega, wird vom Minister für die wirtschaftliche Entwicklung in der Regierung Mario Draghi zum Wirtschafts- und Finanzminister in der Regierung Meloni. Sein scheidender Vorgänger Daniele Franco hat ihm in Interviews die besten Noten ausgestellt: Giorgetti werde es sich gut machen. Der studierte Betriebswirt (Bocconi) aus einem kleinen Dorf in der Provinz Varese ist ein politisches Urgestein: Er sitzt seit 26 Jahren ununterbrochen in der Abgeordnetenkammer. Der Lega-Politiker gilt als Vermittler und hat Gerüchte über Meinungsverschiedenheiten mit Salvini stets dementiert.

Er ist verheiratet und hat eine Tochter.

Minister für die Unternehmen und „Made in Italy“



Adolfo Urso steht für Rechtsaußen, ist gelernter Journalist wie Giorgia Meloni, und Präsident der Stiftung Farefuturo, einer rechten Denkfabrik, die die neue liberal-konservative und säkular orientierte Rechte nach dem Vorbild der UMP von Nicolas Sarkozy, der Konservativen von David Cameron und der PP von José María Aznar entwickeln will. Der 65-jährige Soziologe (Sapienza) aus Padua war Mitautor des Buches "Atleti in camicia nera. Lo sport nell'Italia di Mussolini". Ende der 1980er Jahre wurde er einer der Führer in der „Fronte della Gioventù“, der Jugendorganisation des MSI. Er ist bereits in der 7. Legislaturperiode rechter Politiker verschiedener Parteien, zuletzt als Senator. Unter Berlusconi war er zwei Mal stellvertretender Minister für Außenhandel. Er gründete das Unternehmen Italy World Services, das italienische Unternehmen im Ausland berät und unterstützt.

Der Vater von drei Kindern ist mit einer Ukrainerin aus Lugansk verheiratet, einer 2014 selbsternannten prorussischen Republik.

Minister für Landwirtschaft und Ernährungssouveränität



Das Landwirtschaftsministerium, das Meloni ihrem Schwager und Parteikollegen Francesco Lollobrigida anvertraut hat, heißt künftig „Ministerium für Landwirtschaft und Ernährungssouveränität“, was zu witzig gemeinten Fragen wie „Gibt es keine Ananas mehr in Italien?“ geführt hat. Lollobrigida ist seit vier Jahren Fraktionsvorsitzender der Fratelli d’Italia. Schon in jungen Jahren engagierte er sich in der Fronte della Gioventù.

Der 50-jährige Mitbegründer von Fratelli d‘Italia ist mit der Schwester von Giorgia Meloni, Arianna Meloni, ehedem eine Aktivistin der Alleanza Nazionale, verheiratet und hat zwei Töchter.

Minister für Umwelt und Energiesicherheit



Das ehemalige Ministerium für den ökologischen Wandel wurde gestrichen, daraus wurde das Ministerium für Umwelt und Energiesicherheit, das Gilberto Pichetto Fratin übernimmt. Der langjährige Berlusconianer und ehemalige Vizepräsident der Region Piemont ist ausgebildeter Wirtschaftswissenschaftler, Buchhalter und Lehrer von Beruf. Schon als 20-Jähriger begann er, an seiner politischen Laufbahn zu arbeiten, als er Stadtrat der kleinen Gemeinde Gifflenga, nördlich von Turin wurde. Später wurde er Regionalpolitiker und machte als Mitte-Rechts-Kandidat schlechte Erfahrungen im Wahlkampf zwischen Berlusconis Forza Italia und Fratelli d’Italia. In der Regierung Draghi war er stellvertretender Minister des Lega-Politikers Giancarlo Giorgetti im Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung. 

Minister für Infrastruktur und nachhaltige Mobilität



Matteo Salvini, 49, Sekretär der Lega, bekam den Verkehr und ist gleichzeitig Vizeministerpräsident in der neuen Regierung Meloni. Er kam 2013 an die Spitze der Lega, als die Partei auf einem historischen Tiefstand von 4 Prozent lag. Er strich das "Nord" aus dem Parteinamen und gab den alten Kampf von Bossi und Maroni für den Föderalismus zugunsten von populistischeren Themen wie der Einwanderung auf. Bei den Europawahlen 2019 brachte er die Lega auf 34 Prozent. Der gelernte Journalist ("Padania" und "Radio Padania Libera") war dreimal im Europaparlament und danach einmal in der Abgeordnetenkammer und einmal im Senat. 2018, wurde er zum Innenminister ernannt und war zusammen mit Luigi Di Maio stellvertretender Ministerpräsident von Giuseppe Conte.

Ministerin für Arbeit und Sozialpolitik



Marina Calderone war nach ihrem Abschluss in International Business Management seit 30 Jahren als Arbeitsberaterin tätig. Seit 2005 ist sie Präsidentin des Nationalen Rates der Kammer der Arbeitsberater, zu der etwa 26.000 Mitglieder zählen. Sie gilt als engagierte Vertreterin für die Durchsetzung einer angemessenen Vergütung für Fachleute. Ihr Mann Rosario De Luca sitzt seit 2019 im Verwaltungsrat des nationalen Vorsorgeinstituts INPS. Zu den Themen, die auf ihrem Minister-Tisch liegen, gehört die Überarbeitung des Grundeinkommens und eine Rentenreform.

Minister für Schule und Verdienst



Das ehemalige Schulministerium nennt sich jetzt „Ministerium für Schule und Verdienst“. Die Umbenennung wird allgemein so verstanden, dass zukünftig schulische Leistung großgeschrieben werden soll. Minister ist der 61-jährige Giuseppe Valditara, Professor für Römisches Recht an der juristischen Fakultät der Universität Turin und der Universität Tor Vergata in Rom. 2020 wurde er vom Rektor der Universität Turin mit der Entwicklung der internationalen Beziehungen in Lehre und Forschung beauftragt und kam so als Experte bis nach China. Politisch wurde er 2001 bis 2013 in den Senat gewählt und war ein Jahr lang auch Schullandesrat in der Provinz Mailand. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen zu Privatrecht, Öffentlichem Recht und Verfassungsrecht.

Ministerin für Universität und Forschung



Annamaria Bernini, ehemalige Ministerin für Europapolitik in der Regierung Berlusconi IV 2011, ist die neue Ministerin für Universitäten. Ihre politische Karriere begann sie in der Alleanza Nazionale von Gianfranco Fini, später wurde sie Mitglied des Popolo della Libertà und schließlich bei Forza Italia.
Sie wurde 2008 zum ersten Mal ins Parlament gewählt, seit März 2018 ist sie Fraktionsvorsitzende von Forza Italia im Senat und seit dem Februar 2021 Vize-Koordinatorin von Forza Italia. Sie studierte Recht und ist als Rechtsanwältin und als Universitätsdozentin tätig. Zehn Jahre lang unterrichtete sie an der Wirtschaftsfakultät der Universität Bologna. 2019 machte sie mit einem Gesetzentwurf von sich reden, der vorsah, begabte Studierende mit Stipendien und Studienplätzen für Forschungsarbeiten zu fördern.

Minister für Kultur



Der Kulturjournalist Gennaro Sangiuliano, Neapolitaner, Jahrgang 62, zuletzt an der Spitze von Tg2 Rai ist jetzt Kulturminister in der Regierung Meloni. Er hatte sich immer wieder offen rechts engagiert. Als er im April 2022 auf dem Podium einer Parteiversammlung von Fratelli d'Italia in Mailand eine programmatische Rede hielt, rief dies heftige Reaktionen vor allem von Mitte-Links hervor. Er konterte, dass Journalismus in Italien immer ein politischer gewesen sei. Studiert hat er Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Er kam 2003 zur RAI und war Korrespondent in Bosnien, im Kosovo und in Afghanistan. Als Autor zahlreicher Essays hat er sich hauptsächlich Biografien gewidmet, von Xi Jinping bis zu Putin.

Gesundheitsminister



Ein Techniker leitet das Gesundheitsministerium. Der Rektor der römischen Universität "Tor Vergata", Orazio Schillaci, zieht im Gesundheitsministerium ein, 56 Jahre alt, aus Rom, seit 2007 ordentlicher Professor für Nuklearmedizin an der Universität in Rom und seit 2013 dort Dekan der Fakultät für Medizin und Chirurgie. Der renommierte Nuklearmediziner ist Gutachter zahlreicher internationaler Fachzeitschriften und war immer wieder auch Berater der Obersten Gesundheitsbehörde Italiens.

Ministerin für Tourismus



Daniela Santanchè ist Tourismusministerin. 1995 begann sie ihre politische Karriere an der Seite von Ignazio La Russa in den Reihen der Alleanza Nazionale. Die Ultrarechte gut situierte Unternehmerin aus Mailand war immer für einen Empörungsaufschrei gut: Sie ist gegen Scheidung, wollte Einwanderer schon mit „Fußtritten“ aus dem Land jagen und forderte einmal, dass Parlamentarier nur noch 1.200 Euro monatlich bekommen sollen. Ohne Duce hätte Italien keinen Volkswohnbau, sagte sie ein anderes Mal. Ihre Karriere als Unternehmerin begann sie im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsorganisation in den 1990er Jahren, Flavio Briatore zählt sie zu ihren engen Freunden. 2010 wurde sie Staatssekretärin unter Berlusconi, 2017 kam sie zu Fratelli d'Italia und wurde Regionalsprecherin in der Lombardei.

Regionenminister



Roberto Calderoli, eiserner Vertreter der Lega in regionalen Angelegenheiten, ist seit 1992 Mitglied des Parlaments und war dreimaliger Vizepräsident des Senats. Nun wird er zum dritten Mal Minister. Seine ersten Schritte machte der 66jährige an der Seite von Umberto Bossi. Er ist weit über die Grenzen hinaus bekannt geworden für seine rassistischen und homophoben Äußerungen. Von 2004 bis 2006 war er Reformminister der Regierung Berlusconi. Von 2008 bis 2011 war er im vierten Kabinett Berlusconis Ressortchef des neu geschaffenen Sonderministeriums für Vereinfachungen in der Gesetzgebung. Als er sich 2006 nach einer Reihe von Attacken gegen den Islam mit einem T-Shirt mit Mohamed-Karikatur im Fernsehen zeigte, kam es zu Protestaktionen in Libyen, bei denen nach Auseinandersetzungen mit der Polizei vor dem italienischen Konsulat in Bengasi elf Menschen starben.
Er ist promovierter Mediziner und ein überzeugter Anhänger der Autonomien, verheiratet mit Parteikollegin Gianna Gancia, die inzwischen im Europaparlament sitzt.

Ministerin für Familie, Geburtenrate und Chancengleichheit



Eugenia Roccella ist die Ministerin, die die Geburtenrate in Italien in die Höhe treiben soll und die Familie wieder in traditionelle Fahrwasser geleiten will. Die gelernte Journalistin, 69, Bologna, ist die Tochter eines der Gründer der Radikalen Partei, Franco Roccella, und der Malerin und Feministin Wanda Raheli. Die überzeugte Abtreibungsgegnerin nennt sich selbst Feministin.
Ihren Abschluss machte sie in moderner Literatur (La Sapienza). Seit 2000 ist sie als Journalistin tätig. 2008 wurde sie für den Popolo della Libertà ins Parlament gewählt. 2010 wurde sie Staatssekretärin für Gesundheit. 2013 gründete sie "Di mamma ce n'è una sola", das erste italienische Komitee gegen Leihmutterschaft. 2022 trat sie auf der Liste Fratelli d'Italia im Süden (Apulien, Kalabrien und Sizilien) an und wurde erneut gewählt.

Ministerin für Menschen mit Beeinträchtigung



Alessandra Locatelli war schon 2019 in der Regierung Conte I Ministerin für Familie und Menschen mit Beeinträchtigung, allerdings weniger als 2 Monate lang. Die Lega-Politikerin war nach ihrem Abschluss in Soziologie als Freiwillige in Afrika tätig. Sie arbeitete als Betreuerin in Wohngemeinschaften von Menschen mit Beeinträchtigung war spezialisiert auf die Betreuung von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung.
Bei den Kommunalwahlen 2017 wurde sie in den Stadtrat von Como gewählt und stellvertretende Bürgermeisterin. 2018 wurde sie erstmals in die Abgeordnetenkammer gewählt.

Ministerin für Reformen



Die 76-jährige Elisabetta Casellati stammt aus dem Veneto, ist Juristin und war in der abgelaufenen Legislatur Senatspräsidentin – die erste Frau, die in diesen wichtigen Posten der italienischen Politik gewählt wurde. Nach ihrem Jurastudium in Ferrara wurde sie Anwältin. Sie war lange Zeit als Ehesachverständige in Padua tätig. Sie ist seit der Gründung von Forza Italia mit dabei. Seit 1994 wurde die getreue Berlusconis insgesamt sieben Mal für die Partei von Silvio Berlusconi in den Senat gewählt. Bei der jüngsten Wahl des Staatspräsidenten wurde sie als Kandidatin von Mitte-Rechts nominiert, erreichte im fünften Wahlgang aber nicht das Quorum.

Minister für Europäische Angelegenheiten und den europäischen Wiederaufbauplan



Raffaele Fitto ist zuständig für europäische Angelegenheiten und für viel Geld. Er wurde schon im Alter von nur 19 Jahren in den Regionalrat von Apulien gewählt. Das war 1990 und Fitto war der Sohn des langjährigen christdemokratischen Präsidenten der Region Apulien Salvatore Fitto. 10 Jahre später wurde dann der Sohn Raffaele Fitto Präsident der Region Apulien. Von 2008 bis 2011 war er Minister für regionale Angelegenheiten in der vierten Regierung Berlusconis. Seit 2014 ist er Mitglied des Europäischen Parlaments. Seine Parteilaufbahn begann in der DC und landete, über die Forza Italia bei Fratelli d'Italia.

ni/ansa/dpa/apa