Reaktionen auf Salvini-Besuch: Transitstreit geht weiter

Matteo Salvini war am Montag zu Besuch in Südtirol. Am Brenner kritisierte er neuerlich die Lkw-Fahrverbote in Österreich.

Reaktionen auf Salvini-Besuch: Transitstreit geht weiter
Ansa

Verkehrsminister Matteo Salvini hat am Montag im schwelenden Streit zwischen Italien und Tirol bzw. Österreich wegen der Anti-Transitmaßnahmen des Bundeslandes die Brennergrenze besucht. Der sich auf Wahlkampftour in Südtirol und dem Trentino befindliche Lega-Politiker polterte dabei in bewährter Manier und erklärte, dass der Ministerrat in Rom bereit sei, „grünes Licht“ für die angekündigte Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu geben.

Daneben ließ sich Salvini in Sachen spitzer Formulierungen einmal mehr nicht lumpen. „Die illegalen, ungerechten, ignoranten und arroganten Fahrverbote schaden der Umwelt und Wirtschaft“, griff er Tirol frontal an. Es sei unerklärbar, dass „während wir bemüht sind, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen, jemand die Entwicklungen und einen EU-Korridor blockiert“, so Salvini.

Pro und Contra

Der italienische Frächterverband Anita hat sich den Äußerungen von Salvini angeschlossen. In diesem Jahr sei der Schwerverkehr um fünf Prozent zurückgegangen, weil eine Krise drohe, sagte der Verbandsbeauftragte für den Brennerverkehr, Thomas Baumgartner, am Brenner zum Minister. Baumgartner sagte wörtlich: „Wenn wir also wollen, dass es eine Industrie gibt, die exportiert, und dass das ‚Made in Italy‘ funktioniert, brauchen wir eine gute Anbindung an Europa.“ Der Verband sage „Nein“ zu nächtlichen und samstäglichen Sperrungen und „Nein“ zu Stauungen zu Lasten der italienischen Wirtschaft.

Die Süd-Tiroler Freiheit hat Salvinis Absicht als Schaden für Nord- und Südtirol abgetan. Sven Knoll sagte wörtlich: „Wir brauchen nicht noch mehr Verkehr, sondern endlich weniger Verkehr auf der Brennerautobahn.“ Fast 40 Prozent des Lkw-Verkehrs sei reiner Umwegverkehr, weil der Brenner die billigste Transitroute sei. Der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes zeigte sich solidarisch mit der Nordtiroler Bevölkerung. Der italienischen Innenpolitik sei die Belastung an der Brennerroute vollkommen egal.

 Staus wegen Überlastung: Vor allem wegen des starken Lkw-Verkehrs auf der Brennerautobahn kommt es immer wieder zu Behinderungen. Pixabay
Staus wegen Überlastung: Vor allem wegen des starken Lkw-Verkehrs auf der Brennerautobahn kommt es immer wieder zu Behinderungen.

Reaktionen aus Österreich

Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler von den Grünen sowie die schwarz-rote Tiroler Landesregierung reagierten nach dem Besuch des Ministers in einer gemeinsamem Aussendung und verteidigten die Maßnahmen einmal mehr. „Die Notmaßnahmen sind gerechtfertigt und sie sind notwendig“, sagte Gewessler und versicherte, dass man diese „gemeinsam mit der Landesregierung verteidigen“ werde.

Auch Tirols Landeshauptmann Anton Mattle wollte „dem Druck des italienischen Verkehrsministers und seiner Transit-Lobby“ nicht nachgeben und die Maßnahmen „vor jeder Institution dieser Welt begründen, erklären und verteidigen.“ Er berief sich auf die Alpenkonvention, das Weißbuch „Verkehr“ sowie den „Green Deal“ der Kommission. Verkehrslandesrat René Zumtobel von der SPÖ warb indes für das „Slot-System“, einer buchbaren Autobahn, die mit Bayern und Südtirol paktiert worden war.

Eine Reaktion auf den Brennerbesuch Salvinis gab es auch vom Obmann des Transitforums Austria-Tirol, Fritz Gurgiser. Es handle sich um die „übliche, fakten- und sachbefreite Rundumschlagerei, anstatt sich mit den Problemen der eigenen Bevölkerung und Regionalwirtschaft vom Brenner bis Verona im Rahmengebiet der Alpenkonvention auseinanderzusetzen“, sagte Gurgiser gegenüber der APA.

Blockabfertigung und Fahrverbot stehen in der Kritik Salvinis. Rai Tagesschau
Blockabfertigung und Fahrverbot stehen in der Kritik Salvinis.

Maßnahmen seien rechtens

Juristische Schützenhilfe holten sich Österreich vom Europarechtler Walter Obwexer, der die Rechtskonformität der Maßnahmen herausstrich: „Grundsätzlich muss sich Tirol keine Sorgen machen, der freie Warenverkehr gilt nämlich nicht uneingeschränkt, sondern darf aus wichtigen Gründen eingeschränkt werden. Die Tiroler Maßnahmen sind alle EU-konform ausgestaltet.“ Im schlimmsten Fall müsse es Anpassungen einzelner Maßnahmen geben, gänzlich fallen werden diese aber aus heutiger Sicht nicht, so Obwexer.

Laut Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union kann jeder EU-Mitgliedstaat den EuGH anrufen, wenn er der Auffassung ist, dass ein anderes Mitglied gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen hat, hatte Salvini im September betont. Bevor ein Mitgliedstaat wegen einer angeblichen Verletzung der Verpflichtungen aus den Verträgen gegen einen anderen Staat Klage erhebt, muss allerdings die EU-Kommission damit befasst werden.