Unkrautvernichter

Enttäuschung in Südtirol über verpasstes Glyphosat-Verbot

Der Vinschger Pestizid-Kritiker Koen Hertoge kritisiert, dass sich die EU nicht auf Umweltschutz einigen konnte. Glyphosat-Verbot wäre sinnvoll, auch bei uns.

Enttäuschung in Südtirol über verpasstes Glyphosat-Verbot
Pixabay/PublicDomainPictures
Glyphosat kommt im Ackerbau mehr zum Einsatz als im Obstbau. Aber auch in Südtirol wird der Unkrautvernichter eingesetzt.

Die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat wird in der EU um zehn Jahre verlängert. Zwar läuft die Frist für die aktuelle Zulassung von Glyphosat erst am 15. Dezember aus - also in ziemlich genau einem Monat -, aber weil die Mitgliedstaaten heute im EU-Berufungsausschuss weder eine Mehrheit für, noch eine Mehrheit gegen die Zulassung gefunden haben, darf die EU-Kommission allein entscheiden - und die wird die Verlängerung wohl genehmigen. 

Im Verdacht, krebserregend zu sein

In Südtirol machte sich der in Mals wohnhafte Belgier Koen Hertoge zuletzt gegen Glyphosat stark - er ist Präsident des Brüsseler Netzwerks Pan-Europe, das sich für eine Pestizidreduktion einsetzt. Im Interview mit Rai Südtirol zeigte sich Hertoge heute in einer ersten Reaktion enttäuscht: „Wir sind deshalb enttäuscht, weil die unabhängige wissenschaftliche Erkenntnis zu dem Wirkstoff Glyphosat eigentlich von den Mitgliedstatten nicht berücksichtigt wurde.“ Wissenschaftliche Erkenntnisse haben laut Hertoge ergeben, dass Glyphosat unter Verdacht steht, krebserregend zu sein. „Zusätzlich dazu ist es auch eine Gefahr für die Biodiversität“, sagt Hertoge. „Aus dem Grund ist es enttäuschend, dass es nicht möglich gewesen ist, dass sich die Mitgliedstaaten definitiv festlegen und zu der Entscheidung kommen, dass Glyphosat keine Zulassung mehr bekommen sollte.“ 

Koen Hertoge hat sich in Vergangenheit auch für eine pestizidfreie Landwirtschaft in Südtirol eingesetzt. Der Beschluss in Sachen Glyphosat sei für Südtirol aber nur am Rande relevant. „In Südtirol wird nur relativ wenig Glyphosat eingesetzt“, sagt Hertoge. „Er kommt vor allem im Ackerbau, im Getreideanbau zum Einsatz. Und der ist in Südtirol nicht so ausgeprägt wie in anderen Staaten wie Deutschland oder Frankreich.“ 

In Südtirol nur eingeschränkt genutzt 

In Südtirol werde Glyphosat im Obstanlagen zwar schon zum Einsatz gebracht, „aber es wird wenig oder keinen direkten Kontakt zu den Äpfeln oder zu den Trauben“, erklärt Hertoge. „Das heißt, man sieht zwar den gelben Streifen unter den Bäumen, aber es kommt nicht in Kontakt zu den Lebensmitteln im Gegensatz zum Getreideanbau, wo es kurz vor der Ernte eingesetzt wird, damit die Ernte leichter geht.“

Auch wenn dieser Unkrautvernichter in Südtirol nicht so sehr stark eingesetzt wird, wäre es laut Hertoge auch hier sinnvoll: „Gerade im Hinblick auf die Biodiversität, die auch in den Obstanlagen notwendig ist, wäre es sehr gut, wenn es zum Verbot kommen würde.“

„Wenn ein Wirkstoff imstande ist, Pflanzen zu töten, dann…“ 

Was an Glyphosat so schädlich ist, lässt sich laut Hertoge einfach erklären: „Wenn ein Wirkstoff imstande ist, Pflanzen zur Gänze zu töten, dann muss es eigentlich keine Frage mehr sein, ob er auch schädlich ist für die Menschen. Weil wenn es Organismen töten kann, dann kann es auch einen negativen Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung haben, zum Beispiel für Kinder, wenn sie auf Spielplätzen unterwegs sind und vor allem auch für die Landwirte, wenn sie mit diesen Produkten zu arbeiten haben.“ 

Pestizidkritiker Koen Hertoge ist Präsident des Brüsseler Netzwerks Pan-Europe. 

Italien hat sich heute im EU-Berufungsausschuss übrigens der Stimme enthalten, also weder, für noch gegen das Glyphosat gestimmt.