Verfassungsrechtler: „Es geht um das Verständnis der Direkten Demokratie“

Verfassungsrechtler Francesco Palermo erklärt, worüber wir am Sonntag beim Referendum über die Direkte Demokratie genau abstimmen. Und warum man JA ankreuzen muss, wenn man NEIN sagen will und umgekehrt.

Am Sonntag sind alle Südtirolerinnen und Südtiroler an die Wahlurnen gerufen. Zu einem Referendum über das Referendum gewissermaßen. Die Parteien haben sich positioniert, die Wahlplakate hängen. Der Verfassungsrechtler Francesco Palermo schafft Klarheit, worüber eigentlich abgestimmt wird.
 
„Wir stimmen über die Änderung des Gesetzes zur Direkten Demokratie ab, das 2018 erlassen wurde und im Jahr 2021 abgeändert wurde. Es geht dabei um das grundsätzliche Verständnis der direkten Demokratie: Wollen wir, dass die Bürger mehr direkt entscheiden oder soll sich weiterhin mehr der Landtag mit bestimmten Themen befassen und darüber entscheiden.“
 
Palermo erklärt weiter: „Wir haben derzeit ein Gesetz aus dem Jahr 2018 das es erlaubt, wenn ein Gesetz vom Landtag nicht mit Zweidrittelmehrheit verabschiedet wurde - und das sind fast alle Gesetze - ein bestätigendes Referendum einzuberufen. Dafür braucht es 13.000 Unterschriften, kommen diese zusammen dann wird das Inkrafttreten des Gesetzes verschoben und nur bei Zustimmung durch ein Referendum kann es tatsächlich in Kraft treten.“

Ergebnis ist bindend

Für die Abstimmung am Sonntag bedeutet das: Gewinnt das Ja, dann treten die im Gesetz von 2021 festgelegten Änderungen am Gesetz von 2018 in Kraft. Das bestätigende Referendum wird also abgeschafft. Wenn das Nein gewinnt, bleibt das Gesetz von 2018 in Kraft und das bestätigende Referendum bleibt erhalten.
 
Wenn man mit dem neuen Gesetz Einverstanden ist (= weniger Direkte Demokratie), muss man also mit Ja stimmen, wenn man damit nicht einverstanden ist (= mehr Direkte Demokratie), muss man mit Nein stimmen. Ein Quorum muss nicht erreicht werden. Das Ergebnis ist bindend, egal wie viele Bürger an der Abstimmung teilnehmen
 
Die Wahllokale haben am Sonntag von 7.00 Uhr bis 21.00 Uhr geöffnet. Die genaue Fragestellung lautet: "Stimmen Sie dem Gesetz betreffend "Änderung des Landesgesetzes vom 3. Dezember 2018, Nr. 22, Direkte Demokratie, Partizipation und politische Bildung" und des Landesgesetzes vom 8. Februar 2010, Nr. 4, "Einrichtung und Ordnung des Rates der Gemeinden" zu, welches vom Landtag am 11. Juni 2021 verabschiedet und im Amtsblatt der Region Nr. 27 vom 8. Juli 2021 veröffentlicht worden ist?"
 
Das Interview hat Elisabeth Parteli geführt.
 
(al/ep)