Günther Pallaver: „Krise der Parteien ist Grund für die Regierungskrise“

Für Italiens Politik hat eine entscheidende Woche begonnen. Findet Ministerpräsident Mario Draghi einen Weg auf seinem Reformkurs weiter zu machen? Alles offen, denn Draghi lässt sich nicht erpressen, sagt der Politikwissenschaftler Günther Pallaver.

Schon wieder Regierungskrise in Italien. Es droht ein Ende der All-Parteien-Regierung, die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen im Herbst. Ein politischer und ökonomischer Stau, verbunden mit dem Verlust von Milliarden aus dem EU-Wiederaufbaufonds. Die Sorge ist groß, eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ist für einen Verbleib von Draghi.
 
Andererseits hat sich Italien immer wieder gerade in Krisen als widerstandsfähig gezeigt. Vor allem aber wegen der starken Resilienz des Gemeinwesens, weniger wegen ihrer politischen Führungskräfte. Zuletzt auch in der Corona-Pandemie. Nun kommt aber zu all den extremen politischen und ökonomischen Herausforderungen, wie eben Covid-19, Ukraine-Krieg, Energie-Knappheit und Inflation auch noch eine hausgemachte politische Krise hinzu.
 
Ist die aktuelle Krise, eine wie sie Italien schon dutzendfach überstanden hat, oder doch eine ganz besondere? Diese Frage hat Otwin Nothdurfter dem Politikwissenschaftler und emeritierten Universitätsprofessor Günther Pallaver gestellt.

Rücktritt trotz Vertrauen im Parlament  

Pallaver sieht in der aktuellen Situation „eine ganz besondere Krise, weil Mario Draghi sozusagen der Ministerpräsident des Staatspräsidenten ist, der außerdem gerade erst das Vertrauen beider Parlamentskammern erhalten hat. Trotzdem hat er seinen Rücktritt erklärt, weil er sich als überparteilich sieht und sich nicht den politischen Spielchen der Parteien aufreiben lassen will.“
Diese Krise zeige auch die aktuelle Schwäche des italienischen Parteien-Systems, „das von ständigen Richtungs- und Lagerwechseln geprägt ist und sich zuletzt ja nicht einmal auf einen Staatspräsidenten einigen konnte, sondern Mattarella zum Weitermachen genötigt hat“, betont Pallaver.

Seit Alcide de Gasperi habe kein italienischer Regierungschef ein so hohes Prestige gehabt wie Draghi, sagt Günther Pallaver und so wollen die internationalen Partner Italiens und auch die Bürger Draghi als Ministerpräsidenten gerne behalten. Aber ist er bereit weiter zu machen ohne die Fünf Sterne, anders als er es bislang immer betont hat? Denn Mitte-Rechts hat ja bereits angekündigt, nicht weiter mit den Cinque Stelle zusammenarbeiten zu wollen.

Eine Antwort auf dies Frage soll es am Mittwoch geben, wenn Mario Draghi vor beiden Parlamentskammern sprechen wird.
 
(al/on)