Griechenland

Gesunkenes Flüchtlingsboot: Wie Tragödien vermeiden?

Bis zu 500 Menschen sind bei einem Schiffsunglück vor Griechenland gestorben. Das müsste nicht sein. Was kann dagegen unternommen werden?

Am Mittwoch ist ein Boot mit bis zu 700 Migranten an Bord südwestlich von Griechenland gesunken. 104 Menschen wurden gerettet, 78 tot geborgen. Alle anderen wurden wohl in die Tiefe gerissen. Die Suche nach weiteren Überlebenden brachte keinen Erfolg. 

Der Unglücksort rund 50 Seemeilen südwestlich der Halbinsel Peloponnes liegt genau über dem Calypsotief - mit mehr als 5000 Metern die tiefste Stelle des Mittelmeers. Möglicherweise wird der Fischkutter nie geborgen.

Ermittlungen gegen mutmaßliche Schlepper 

Die Ermittlungen konzentrieren sich auf neun Überlebende, die als mutmaßliche Schleuser festgenommen wurden. Einer von ihnen befindet sich noch im Krankenhaus. Den Ägyptern - zwischen 20 und 40 Jahre alt - werden Menschenhandel, fahrlässige Tötung und die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Sie sollen einem Ring von Menschenschmugglern angehören, der in den vergangenen Monaten bis zu 18 der gefährlichen Überfahrten von der libyschen Küste nach Italien organisiert haben könnte, wie der Staatssender ERT berichtete.

Überlebende sagten aus, für die Todesfahrt 5000 bis 6000 Euro pro Kopf gezahlt zu haben. 

Unglücksvermeidung: Was tun? 

Der Migrationsforscher Gerald Knaus hält Bootsunglücke im Mittelmeer für vermeidbar. Drei erreichbare Ziele seien zu verfolgen, sagte Knaus im Morgengespräch auf Rai Südtirol. Die EU müsse erstens mit den Küstenstaaten kooperieren, um die Abfahrt der Boote zu unterbinden. Es brauche zweitens eine legale Familienzusammenführung. Drittens sei die Seenotrettung vorrangig. 

„Die Lage - und das war meine Warnung schon vor einigen Wochen - die Lage im Mittelmeer in diesem Jahr ist dramatisch: Nicht nur weil die Zahl der Leute, die nach Italien kommen, stark steigt, nicht nur, weil die Zahl der Toten steigt im Vergleich zu den letzten Jahren, sondern auch, weil die EU systematischen Rechtsbruch betreibt. Also EU-Recht, über das so viel diskutiert wird, kann nicht mehr angewandt werden, weder in Griechenland noch in Kroatien, weder in Polen noch in Ungarn. Das ist auch dramatisch für eine Gemeinschaft, die eigentlich auf dem Recht basiert, also eine Rechtsgemeinschaft, und ihr eigenes Recht straflos, systematisch ignoriert.“