Morgengespräch

Pallaver: "Berlusconi war Vorreiter der illiberalen Demokratie"

Silvio Berlusconi hat als Politiker neue Wege beschritten und seine Medienmacht genutzt. Günther Pallaver beschrieb Berlusconi im Morgengespräch.

Der Politiker und Medienunternehmer Silvio Berlusconi nutzte seine Medienmacht, um seine Wahrheiten zu verbreiten. Ganz so wie es Donald Trump 25 Jahre später machte. Berlusconi wird als Wegbereiter des Populismus bezeichnet. Es schimpfte gegen die Regierenden und die Oberschicht und zeigte sich gerne an der Seite der Kleinen Mannes - obwohl er als Multimilliardär keine Ahnung hatte, was den kleinen Mann tatsächlich bewegt. Und sein Frauenbild war aus der Zeit gefallen - und trotzdem hatte er vor allem bei den Frauen eine treue Wählerschaft.

Der Politikwissenschaftler Günther Pallaver beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Politiker Silvio Berlusconi, der die italienische Politik stark geprägt hat. Pallaver war zu Gast im Morgengespräch von Rai Südtirol, um über das Phänomen Silvio Berlusconi zu sprechen.

“Sein besonderes Ego, mit dem er sich inszeniert hat”

"Von Berlusconi wird so Einiges in Erinnerung bleiben", meint Günther Pallaver. "Zum einen sein besonderes Ego, mit dem er sich inszeniert hat. Berlusconi hat sich ja auch einmal als Jesus Christus der Politik bezeichnet... Er ist nie wirklich kleinlich gewesen." Man werde sich aber auch erinnern an Berlusconi als Erneuerer der politischen Kommunikation, sagt Pallaver. "Er hat ja das politische Marketing eingeführt. Man wird sich aber auch erinnern an seine Frauengeschichten, an seine Geschichten mit der Justiz, an seine EU-Politik und an seine Ausfälle."

“Immer gegen jene da oben gewandt, obwohl er selbst oben war”

Silvio Berlusconi wird oft als Erfinder des modernen Populismus bezeichnet. Dem könne man durchaus zustimmen, sagt Pallaver und ergänzt: "Er hat sich ja immer gegen jene da oben gewandt, obwohl er selbst oben war. Er hat ja auch einmal die EU-Abgeordneten als die Touristen der Demokratie bezeichnet. Er war auf jeden Fall ein Wegbereiter des klassischen Populismus."

Berlusconi hat laut Pallaver auch ein neues politisches Konstrukt zugelassen: "Silvio Berlusconi ist ein Vorreiter der illiberalen Demokratie, die wir heute in Ungarn haben." Er habe zentrale staatliche Institution und Kontrollorgane wie Medienpluralismus und die Unabhängigkeit der Justiz ständig in Frage gestellt. In Italien seien aber die Institutionen stark genug gewesen, diesen Angriff auf die Verfassung abzuwehren.

Für Südtirol wenig Gutes gebracht

Für Südtirol habe Berlusconi wenig Gutes gebracht, sagte Pallaver. Mit Silvio Berlusconi seien höchstens zweitrangige Durchführungsbestimmungen beschlossen worden, wodurch der Autonomieprozess gebremst wurde.

Silvio Berlusconi hat laut Pallaver mit dem Eintritt in die Politik seine Unternehmen finanziell gerettet hat, er nutzte die Macht seiner Medien aus, um sich als Opfer darzustellen.

Ob sein Lebenswerk Forza Italia auch nach seinem Tod noch weiter bestehen wird, das bleibt offen: Der Machtkampf um die Nachfolge des "Cavaliere" hat auf jeden Fall schon begonnen.