Landtagswahlen 2023

Pallaver: „Die Schwäche der Volksparteien ist Türöffner für rechtsextremistische Tendenzen“

Die Zersplitterung im neuen Landtag erschwert die Bildung einer stabilen Regierung. Die Konsensfindung zwischen den Parteien werde aus ideologischen Gründen schwierig werden, sagte Politologe Pallaver auf Rai Südtirol.

Die SVP auf einem historischen Tief, die Fratelli d'Italia wollen mitregieren, die deutschen Rechten und die No-Vax-Listen haben zugelegt. Gleichzeitig haben die italienischsprachigen Parteien drei Mandate verloren im Vergleich zu 2018. 
 

Die Landtagswahl 2023 hat mit den alten Rollenklischees und Lagerbildungen gründlich aufgeräumt. Mehr noch: Viele schließen eine Koalition mit bestimmten anderen aus. Die SVP ist nicht gut auf die Liste Widmann zu sprechen, das Team K schließt eine Zusammenarbeit mit Fratelli d'Italia aus, und Newcomerin Renate Holzeisen zweifelt nach der Coronapandemie an den Bekenntnissen zu den Menschenrechten von den Grünen und Team K, obwohl sie zuvor auch mal auf deren Listen kandidierte.

Ist die Zersplitterung der Parteienlandschaft nun auch in Südtirol angekommen? Nina Schröder hat mit dem Politologen Günther Pallaver über die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten gesprochen. 

Rechtsruck und schwierige Regierungsbildung 

Der emeritierte Professor für Politikwissenschaft, Günther Pallaver, sieht den Grund für den Rechtsruck in der Schwäche der bürgerlichen Parteien. Es handle sich um ein europaweites Phänomen, sagte Pallaver im Morgengespräch auf Rai Südtirol. Laut Pallaver ist der Erosionsprozess ehemaliger Volksparteien der Türöffner für rechtsextremistische Tendenzen.

Im neuen Landtag werde die Bildung einer stabilen Regierungsmehrheit wegen der großen Zersplitterung erschwert. Die Positionen der insgesamt zwölf Parteien lägen in Autonomiefragen sowie bei nationalen oder europäischen Themen weit auseinander.

In den neuen Landtag haben es nur fünf Kandidatinnen und Kandidaten der italienischen Sprachgruppe geschafft. Pallaver geht weniger davon aus, dass die italienischsprachigen Wähler:innen deutsche Parteien gewählt haben. Die Analyse der Wahlbeteiligung lasse vielmehr darauf schließen, dass italienischsprachige Wähler:innen bei dieser Wahl seltener dem Wahlaufruf gefolgt sind. Während die Beteiligung in mehrheitlich deutschsprachigen Gemeinden bis zu 80 Prozent erreichte, lag sie in mehrheitlich italienischsprachigen Ortschaften und Städten bei rund 60 Prozent.

6.000 ungültige und 3.000 weiße Stimmzettel sind am Sonntag abgegeben worden. Das kann laut Pallaver teilweise ein Zeichen des Protests sein. Die Anzahl der ungültigen und weißen Stimmzettel sei laut dem Politikwissenschaftler nicht besonders hoch.