Europäische Union

Kraushaar: Das macht Europa zerbrechlich

In Juni wird das Europaparlament gewählt. Rechte und populistische Parteien befinden sich im Aufwind. Der Experte erklärt, warum das so ist.

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Der Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar geht davon aus, dass populistische und rechte Parteien bei den EU-Wahlen im Juni hohe Zustimmung erhalten werden. Das werde die EU in der Zukunft von innen heraus schwächen, sagte Kraushaar im Morgengespräch auf Rai Südtirol: 

„Wir haben ein grundsätzliches Problem mit dem Prozess der europäischen Integration. Wir werden das auch im Juni bei den anstehenden Europawahlen erleben, dass die europafeindlichen Kräfte sehr zunehmen werden. Es wäre ein großes Wunder, wenn das nicht geschehen würde. Das heißt, die Kräfte, die von innen versuchen, die Europäische Union zu zersetzen, sind angewachsen und werden sich mehren, sie werden zwar nicht mehrheitsfähig sein, aber sie stellen eine drohende Gefahr dar. Und wir haben dieses Phänomen in Bezug auf Gesamteuropa, auf Osteuropa, wie Süd-West-Europa, und auch sogar Skandinavien."

Das Anwachsen des Populismus 

Dass sich mehr Menschen zu populistischen und rechten Parteien hinwenden, sei beunruhigend und auch eine Reaktion die Globalisierung und die Digitalisierung. Populistische und nationalistische Parteien leisteten Widerstand dagegen und hielten sich an der eigenen Nation fest. Diese Haltung werde oft begleitet von rassistischen und fremdenfeindlichen Elementen. Der Machtzuwachs populistischer und nationalistischer Parteien in fast allen Ländern Europas könnte die EU zersetzen und biete keine guten Perspektiven für ein stabiles Europa der Zukunft, sagte Kraushaar. 

An der Wurzel dieser Tendenzen liege der wirtschaftspolitische Prozess des Neoliberalismus und der Globalisierung. Dieser hat nach Kraushaar zu einer Zunahme des gesellschaftlichen Reichtums geführt. Gleichzeitig diagnostiziert Kraushaar ein Auseinandertreten der Schere zwischen Arm und Reich. Das sei eine Zerreißprobe für die Demokratie. Kraushaar sieht ein wachsendes Misstrauen in die Demokratie: „Viele Menschen sind nicht überzeugt, dass Wahlen etwas bringen. Sie haben keine Interessensvertretung mehr.“

Kraushaar war Referent bei den heurigen Marienberger Gesprächen.