Conte zurückgetreten - jetzt hat der Staatspräsident das Wort

Kurz nach 12 Uhr ist Giuseppe Conte bei Staatspräsident Mattarella eingetroffen und hat seinen Rücktritt eingereicht.

Conte zurückgetreten - jetzt hat der Staatspräsident das Wort
Ansa/Foto
Das Treffen dauerte eine halbe Stunde. Jetzt übernimmt sozusagen Staatspräsident Mattarella die politische Regie: Voraussichtlich am Mittwochnachmittag wird Mattarella mit Sondierungsgesprächen beginnen. 

Giuseppe Conte hatte sich zuvor um 9 Uhr mit seiner Regierungsmannschaft getroffen, um diese über seinen Rücktritt zu informieren. Bei diesem Treffen, das hinter verschlossenen Türen stattfand, bedankte sich Conte bei jeder Ministerin bzw. jedem Minister persönlich für die Zusammenarbeit.

Videobotschaft an Bürger

Eine Pressekonferenz von Giuseppe Conte ist nicht geplant. Allerdings sickerte durch, dass er sich mit einer Videobotschaft an die BürgerInnen wenden wird. Am Abend postete Conte dann einen Beitrag auf seiner Facebook-Seite. 



Mehrere mögliche politische Szenarien zeichnen sich nach dem Rücktritt von Conte ab.

Dritte Regierung Conte

Die stärksten Regierungsparteien – der PD und der Movimento Cinque Stelle - bleiben Regierungschef Conte treu. Sie würden gern eine neue Regierung unter der Führung des parteilosen Juristen unterstützen, der seit Juni 2018 als Ministerpräsident im Palazzo Chigi sitzt. Conte könnte daher versuchen, sich die Unterstützung von Parlamentariern aus der Gemischten Fraktion und aus dem liberalen und europatreuen Lager für ein drittes Kabinett unter seiner Führung zu sichern. Diese sollte zumindest bis zum Ende des italienischen G20-Vorsitzes Ende 2021 im Amt bleiben. Eine derartige Regierung wäre aller Voraussicht nach jedoch noch instabiler als das bisherige Kabinett, und die internationalen Märkte könnten entsprechend negativ reagieren.

Regierung mit selber Mehrheit, aber anderem Regierungschef

Die Regierungsparteien PD, der Movimento Cinque Stelle die kleine Linkspartei Liberi e Uguali und andere Splitterparteien im Parlament könnten sich zu einer neuen Regierungskoalition unter Führung eines neuen Regierungschefs entschließen. In diesem Fall könnte ein parteiloser Wirtschaftsexperte das Ruder der Regierung übernehmen. In diesem Fall könnte auch Contes Ex-Juniorpartner Italia Viva um Ex-Premier Matteo Renzi die Regierung unterstützen.

Einheitsregierung

Als Alternative wird auch über eine Einheitsregierung spekuliert, der auch Parteien der Opposition wie die konservative Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi beitreten könnten. Die Einheitsregierung müsste eine Regierungsagenda für die Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode 2023 entwerfen. Schwerpunkt wäre die Umsetzung des Recovery Plans, dem milliardenschweren Programm zum Wiederaufbau Italiens nach der Pandemie. Für den Premierposten einer solchen Einheitsregierung ist der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, im Gespräch.

Neuwahlen

Sollten die Regierungsparteien keine Lösung aus der Krise finden, wären vorgezogene Parlamentswahlen der einzige Ausweg. Die Regierungsparteien befürchten Neuwahlen, auch weil diese laut Umfragen zu einem Sieg der Mitte-Rechts-Parteien mit der Lega von Matteo Salvini an der Spitze führen können.

Das neue Parlament sollte außerdem nach neuen Regeln gewählt werden, die im vergangenen September in einer Volksabstimmung beschlossen wurden. Dadurch wird die Zahl der Parlamentsmitglieder von den aktuellen 945 auf 600 schrumpfen. Viele Parlamentarier würden damit ihren Posten verlieren. Gegen diese Option spricht sich laut Medienberichten auch Staatsoberhaupt Sergio Mattarella aus. Demnach will der Präsident das Parlament nicht auflösen, bevor das neue Wahlgesetz für das verkleinerte Parlament unter Dach und Fach ist.

(joi/apa)