Brennpunktschulen

Schule in Not – Die Stellungnahme der Landesschuldirektorin

Das Morgengespräch hat gezeigt: Unterrichten an Brennpunktschulen ist schwierig geworden. Nun nimmt die Landesschuldirektorin Stellung.

Schule in Not – Die Stellungnahme der Landesschuldirektorin
Rai Südtirol
Sigrun Falkensteiner im Interview von Rai Südtirol

Zwei Lehrkräfte haben gestern im Morgengespräch anonym über die untragbare Situation an manchen Südtiroler Mittelschulen berichtet. Brennpunktschulen bräuchten eigene Schulpsychologen und Sozialpädagogen, so ihre Forderung.

Sie schildern Zustände wie jene, dass ein Mittelschüler in Meran vom Mitschüler mit dem Messer bedroht wird, wenige Tage später wird ein Junge im Bus von Gleichaltrigen verprügelt. Sie erinnern sich vielleicht an die beiden Vorfälle, der im März für Schlagzeilen und in Folge für Gesprächsstoff sorgten. Viele Probleme, die sich täglich an Südtirols Schulen abspielen, dringen nicht nach Außen: Schülerinnen, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind oder vernachlässigt werden, Mittelschüler, die unter Angstzuständen leiden und im Klassenzimmer einnässen, 12-Jährige mit Selbstmordgedanken.

Als Lösung schlagen die Lehrer vor: Schulpsychologen, Logopäden, Sprachenlehrer, Sozialpädagogen müssten direkt an der Schule sein und das ständig. Das Schulamt sollte sich ein Bild der Lage machen. Aber dazu sollte es nicht die Schulführungskräfte anhören, sondern die betroffenen Lehrerinnen und Lehrer. 

Die Stellungnahme von Falkensteiner 

Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner widerspricht. Die Direktion der deutschsprachigen Südtiroler Schulen habe keineswegs die Hände in den Schoß gelegt, während der Alltag in den Südtiroler Schulen Stück für Stück verrohten, sagt die Landesschuldirektorin. 

„Wir merken auch in den Schulen, dass Schülerinnen und Schüler zunehmend psychische Schwierigkeiten haben. Das kann Schule aber nicht lösen. Wir können jedoch Kindern und Jugendlichen das Gefühl geben, hier bei uns habt ihr einen Platz.“

Das habe man getan. Unter anderem sei das Berufsbild der Schulsozialpädagogen eingeführt worden. Zudem seien die Stellen gerade erst um 30 aufgestockt worden. Zudem gebe es mittlerweile an allen Südtiroler Oberschulen und an den meisten Mittelschulen Anlaufstellen für die Schülerinnen und Schüler in Schwierigkeiten, die Zentren für Information und Beratung. „Wir haben einige Schulen, die haben sich auf den Weg gemacht. Lehrpersonen berichten uns von ihren Erfahrungen. Alle Seite müssen sich bewegen. Wir können Ressourcen beisteuern. Eine Professionalisierung auf allen Ebenen ist aber nötig.“ 

Kein Schulpsychologe 

Die psychologische Beratung aber soll weiter Sache der Gesundheitsdienste sein. „Wir möchten Schulpsychologen nicht an den Schulen verwalten. Das ginge sehr weit ins Private und in Familien. Wir möchten als Schule hier eine Grenze ziehen.“

Eine solche Grenze zu ziehen sei auch für die Jugendliche besser, so die Landesschuldirektorin. 

Problem Gewalt 

Falkensteiner wehrt sich gegen Vorwürfe, man habe in Südtirol nur zugeschaut, während die Gewalt immer mehr um sich greift. „Gewalt hat sich nicht in der Schule gezeigt, sondern in Bussen und auf öffentlichen Plätzen. Für Betroffene ist das trotzdem eine schwierige Situation.“

Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner versteht den Unmut von Lehrern und Lehrerinnen. Aber auch dafür gibt es in ihren Augen Grenzen. „Für mich verläuft die Grenze da, wenn Lehrerinnen und Lehrer sagen: ‚Gewissen Schüler gehören nicht in die Schule.‘ Ich wünsche mir eine Diskussion über die Frage: Wie können wir Schule verändern, damit diese Schüler wieder hineinpassen.“

Das ist der Appell der Landesschuldirektorin. Und sie räumt ein, dass das Berufsbild dem Lehrer und der Lehrerin heute mehr abverlangt als nur die Wissensvermittlung. Die Gesellschaft habe sich eben geändert.