Klimaforscher Kaser: rasche Klimawende nach Shutdown

In einem offenen Brief hat Klimaforscher Kaser die Landesregierung aufgefordert, beim Neustart mehr für den Klimaschutz zu unternehmen.

Georg Kaser gilt als einer der einflussreichsten Klimaforscher weltweit- Er ist einer der wichtigsten Autoren des Weltklimarates der Vereinten Nationen. Der Meraner Klimaforscher meldete sich während des Shutdowns zu Wort. Er machte in einem offenen Brief an die Südtiroler Landesregierung, die Wirtschaftsverbände und die Südtiroler Medien auf die Verwundbarkeit unserer Wirtschaft aufmerksam. Er ermunterte zu einem klimafreundlichen Neustart.

Einen Monat nach dem Shutdown in Italien wies Kaser in dem Brief auf die Verletzbarkeit unserer Wirtschaft durch globale Vorgänge hin. Kaser schrieb, wenn ein kleines Virus bereits die Wirtschaft ins Schwanken bringe, wie soll sie dann größeren Bedrohungen standhalten.

Wer hat reagiert?
Weder jemand aus der Landesregierung noch jemand aus den Verbänden hat reagiert. Regiert haben Künstler, es waren gesellschaftliche Gruppen, Unternehmer.

Was hätten Sie der Landespolitik angeboten, wenn sie reagiert hätte?
„Ich kann keine Vorschläge manchen, sondern sie nur grob skizzieren, wenn ich die Herde identifiziere, wo die größten Emissionen herkommen, die zum weiteren Anheizen unseres Klimas führen. In Südtirol ist das zu 44 Prozent der Verkehr, zu 36 Prozent die Bereitstellung von Wärmeenergie außerhalb der Industrie und es ist zu 18 Prozent die Landwirtschaft. Da ist nicht nur das CO2, sondern auch Methangas und Lachgas beteiligt. Ich kann ein paar Anstöße geben, aber sonst müssen sie sich schon selbst Gedanken machen, wie sie davon wegkommen. Wir müssen bis 2050 die Emissionen auf Null bringen. Es genügt nicht, wenn wir das im Jahr 2049 machen. Wir müssen bereits bis 2030 mehr als 50 Prozent der 2019-Emissionen weltweit herunterbringen, sonst werden wir über alle Ziele, die in Paris formuliert worden sind, hinausschießen. Das hat dann massive Konsequenzen.“

„Wir müssen uns bewusst machen, dass es nicht um Zahnhygiene geht, sondern um Wurzelbehandlung.“

Georg Kaser, Klimaforscher 

In Einzelfällen sieht Kaser starke Bemühungen. Es geht laut Kaser aber nicht um Zahnhygiene, sondern um Wurzelbehandlung. Man müsse die Dinge radikal ändern. Privat- und Transitverkehr nehmen nach wie vor zu. Laut Kaser geht das in die falsche Richtung. „Die Emissionen, die daraus entstehen, müssen auf Null gebracht werden. Das geht nicht, indem man nur auf Elektro- oder Wasserstoffmobilität umsteigt. Man muss schauen, dass man den Verkehr ganz stark reduziert. Dazu muss man den öffentlichen Verkehr ausbauen.“

„Die Emissionen aus der Mobilität müssen auf Null gebracht werden. Das geht nicht, indem man nur auf Elektro- oder Wasserstoffmobilität umsteigt.“

Georg Kaser, Klimaforscher 

Kaser berichtet von einem Zusammenschluss von 96 Städten weltweit, die etwa ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung ausmachen. Diese Städte bemühten sich massiv, auch gegen ihre staatlichen Regierungen, etwas gegen Klimawandel zu tun.

„Ich würde Südtirol auch gerne als eine stadtähnliche Situation sehen. Das heißt halt, dass ich eine Verkehrsverbindung zwischen Bozen und Meran so machen muss, dass sie zu Stoßzeiten alle fünf bis zehn Minuten S- oder U-Bahnen nach Bozen bringt. Das darf nicht länger als 20 Minuten dauern.“

Kaser appelliert erneut an Bürger und Politik, den Neustart aus der Coronakrise mit dem Umweltschutz zu koppeln. Die Klimaerwärmung verursache sonst eine weit größere Krise als die Coronakrise.

(ge/pm)